Rubinrot / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.1
Rubinrot
Manchmal ist es ein echtes Kreuz, in einer Familie zu leben, die jede Menge Geheimnisse hat. Der Überzeugung ist zumindest die 16-jährige Gwendolyn. Bis sie sich eines Tages aus heiterem Himmel im London um die letzte Jahrhundertwende...
lieferbar
versandkostenfrei
Buch (Gebunden)
19.60 €
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Rubinrot / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.1 “
Manchmal ist es ein echtes Kreuz, in einer Familie zu leben, die jede Menge Geheimnisse hat. Der Überzeugung ist zumindest die 16-jährige Gwendolyn. Bis sie sich eines Tages aus heiterem Himmel im London um die letzte Jahrhundertwende wiederfindet. Und ihr klar wird, dass ausgerechnet sie das allergrößte Geheimnis ihrer Familie ist. Was ihr dagegen nicht klar ist: Das man sich zwischen den Zeiten möglichst nicht verlieben sollte. Denn das macht die Sache erst recht kompliziert!
Klappentext zu „Rubinrot / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.1 “
Manchmal ist es ein echtes Kreuz, in einer Familie zu leben, die jede Menge Geheimnisse hat. Der Überzeugung ist zumindest die 16jährige Gwendolyn. Bis sie sich eines Tages aus heiterem Himmel im London um die letzte Jahrhundertwende wiederfindet. Und ihr klar wird, dass ausgerechnet sie das allergrößte Geheimnis ihrer Familie ist. Was ihr dagegen nicht klar ist: Das man sich zwischen den Zeiten möglichst nicht verlieben sollte. Denn das macht die Sache erst recht kompliziert! www.rubinrotlesen.de
Lese-Probe zu „Rubinrot / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.1 “
Rubinrot - Liebe geht durch alle Zeiten von Kerstin GierKapitel 5
... mehr
»Du siehst echt fertig aus«, sagte Leslie in der Pause auf dem Schulhof.
»Ich fühle mich auch mies.«
Leslie tätschelte meinen Arm. »Aber diese Ringe unter den Augen stehen dir gut«, versuchte sie mich aufzumuntern. »Deine Augen wirken dadurch noch viel blauer.«
Ich musste grinsen. Leslie war so süß. Wir saßen auf der Baumbank unter der Kastanie und wir konnten nur flüstern, denn hinter uns saß Cynthia Dale mit einer Freundin und gleich daneben diskutierte Gordon Gelderman mit zwei anderen Jungen aus unserer Klasse über Fußball. Ich wollte nicht, dass sie etwas von unserem Gespräch mitbekamen. Sie fanden mich sowieso schon seltsam genug.
»Ach, Gwen! Du hättest mit deiner Mutter reden sollen.«
»Das hast du jetzt mindestens schon fünfzig Mal gesagt.«
»Ja, weil es stimmt. Ich verstehe wirklich nicht, warum du es nicht getan hast!«
»Weil ich ... Ach, ehrlich gesagt verstehe ich es selber
nicht. Irgendwie habe ich wohl immer noch gehofft, es würde nicht noch einmal passieren.«
Leslie schüttelte den Kopf. »Hey, wir reden hier davon, dass du in der Zeit gereist bist. Allein dieses Abenteuer in der Nacht - was da alles hätte passieren können! Nimm nur die Prophezeiung deiner Großtante: Das hat doch nichts anderes zu bedeuten, als dass du in großer Gefahr bist - die Uhr steht für die Zeitreisen, der hohe Turm für die Gefahr und der Vogel ... ach, du hättest sie nicht aufwecken dürfen! Wahrscheinlich wäre es danach erst richtig spannend geworden. Ich werde das heute Nachmittag mal alles gründlich recherchieren. Ich habe da so eine Seite für übersinnliche Phänomene entdeckt, die ist sehr informativ. Und dann habe ich uns jede Menge Bücher über Zeitreisen besorgt. Und Filme. Zurück in die Zukunft Teil eins bis drei. Vielleicht können wir ja was daraus lernen ... «
Ich dachte sehnsüchtig daran, wie lustig es immer war, bei Leslie auf dem Sofa herumzulümmeln und DVDs anzuschauen. Manchmal drehten wir den Ton ab und synchronisierten den Film selber - mit eigenen Texten.
»Ist dir schwindelig?«
Ich schüttelte den Kopf. Jetzt wusste ich, wie die arme Charlotte sich die letzten Wochen gefühlt hatte. Diese Fragerei konnte einem wirklich auf den Nerv gehen. Zumal ich die ganze Zeit selber in mich hineinhorchte und auf das Schwindelgefühl wartete.
»Wenn man nur wüsste, wann es wieder passiert«, sagte Leslie. »Ich finde das wirklich sehr ungerecht: Charlotte hat man die ganze Zeit darauf vorbereitet, aber du musst ins kalte Wasser springen.«
»Keine Ahnung, was Charlotte gemacht hätte, wenn sie an meiner Stelle gestern Nacht von diesem Mann verfolgt worden wäre, der in unserem Einbauschrank geschlafen hat«, sagte ich. »Ich glaube nicht, dass ihre Tanz- und Fechtstunden ihr in dieser Situation geholfen hätten. Und da war auch weit und breit kein Pferd, auf dem sie hätte davonpreschen können.«
Ich kicherte, weil ich mir Charlotte vorstellte, wie sie an meiner Stelle vor dem wilden Walter aus dem Schrank durch das Haus geflohen wäre. Vielleicht hätte sie sich einen Degen von der Wand im Salon gegriffen und damit ein Gemetzel unter den armen Dienstleuten angerichtet.
»Nein, du Dummerchen. Aber ihr wäre das ja gar nicht erst passiert, weil sie rechtzeitig mit diesem Chronodingens woandershin gereist wäre. Irgendwohin, wo es friedlich und nett ist. Wo ihr nichts passieren kann! Aber du riskierst ja lieber dein Leben, als deiner Familie zu erzählen, dass sie die falsche Person unterrichtet haben.«
»Vielleicht ist Charlotte ja in der Zwischenzeit auch in der Zeit gesprungen. Dann haben sie doch, was sie wollen.«
Leslie seufzte und begann den Blätterstapel auf ihrem Schoß zu wälzen. Sie hatte eine Art Akte für mich angelegt mit lauter nützlichen Informationen. Oder auch weniger nützlichen. So hatte sie zum Beispiel Fotos von Oldtimern ausgedruckt und das Baujahr danebengeschrieben. Demnach war der Oldtimer, den ich bei meiner ersten Zeitreise gesehen hatte, aus dem Jahr 1906.
»Jack The Ripper hat im East End sein Unwesen getrieben. Das war 1888. Dummerweise hat man nie herausgefunden, wer es war. Man hatte alle möglichen Typen im Verdacht, aber man konnte es keinem nachweisen. Also, falls du dich mal ins East End verirren solltest: 1888 ist jeder Mann potenziell gefährlich. Der große Brand von London war 1666, Pest gab es quasi die ganze Zeit, 1348, 1528 und 1664 war es aber besonders schlimm. Dann: die Bombardements im Zweiten Weltkrieg. 1940 fing's an, ganz London lag in Trümmern. Du musst herausfinden, ob euer Haus unbeschädigt geblieben ist, wenn ja, bist du dort ja sicher. Ansonsten wäre St. Paul's Cathedral ein guter Ort, weil die wurde zwar mal getroffen, blieb aber wie durch ein Wunder stehen. Vielleicht könnte man sich dort einfach unterstellen.«
»Klingt alles furchtbar gefährlich«, sagte ich.
»Ja, ich hab's mir auch immer irgendwie romantischer vorgestellt. Weißt du, ich dachte, Charlotte erlebt da sozusagen ihre eigenen Historienfilme. Tanzt mit Mr Darcy auf einem Ball. Verliebt sich in einen sexy Highländer. Sagt Anne Boleyn, dass sie Heinrich VIII. auf keinen Fall heiraten soll. So was halt.«
»War Anne Boleyn die, die sie geköpft haben?«
Leslie nickte. »Es gibt da einen tollen Film mit Natalie Portman. Ich könnte uns die DVD ausleihen ... Gwen, bitte versprich mir, dass du heute mit deiner Mutter redest.«
»Ich verspreche es. Gleich heute Abend.«
»Wo ist eigentlich Charlotte?« Cynthia Dale steckte ihren Kopf hinter dem Baumstamm hervor. »Ich wollte den Shakespeare-Aufsatz von ihr abschreiben. Ähm, ich meine, ich wollte mir ein paar Anregungen holen.«
»Charlotte ist krank«, sagte ich.
»Was hat sie denn?«
»Äh ...«
»Durchfall«, sagte Leslie. »Ganz fiesen Durchfall. Sitzt die ganze Zeit auf dem Klo.«
»Igitt, keine Einzelheiten bitte«, sagte Cynthia. »Kann ich dann mal eure Aufsätze sehen?«
»Wir haben die auch noch nicht fertig«, sagte Leslie. »Wir wollen uns noch Shakespeare in Love anschauen.«
»Du kannst meinen Aufsatz lesen«, mischte sich Gordon Gelderman in tiefstem Bass ein. Sein Kopf erschien auf der anderen Seite des Baumstammes. »Alles bei Wikipedia abgepinselt.«
»Da kann ich ja auch gleich zu Wikipedia gehen«, sagte Cynthia.
Die Pausenglocke ertönte.
»Doppelstunde Englisch«, stöhnte Gordon. »Eine Strafe für jeden Mann. Aber Cynthia sabbert jetzt schon, wenn sie an Prince Charming denkt.«
»Halt den Mund, Gordon.«
Aber Gordon hielt bekanntlich niemals seinen Mund. »Ich weiß gar nicht, warum ihr Mr Whitman alle so toll findet. Der ist doch stockschwul.«
»Unsinn!«, sagte Cynthia und stand empört auf.
»Und ob der schwul ist.« Gordon folgte ihr zum Eingang. Er würde bis in den zweiten Stock auf Cynthia einreden, das konnte er, ohne auch nur einmal Luft holen zu müssen.
Leslie verdrehte die Augen. »Komm!«, sagte sie und reichte mir ihre Hand, um mich von der Bank hochzuziehen. »Auf zu Prince Charming.«
Auf der Treppe im zweiten Stock holten wir Cynthia und Gordon wieder ein. Sie sprachen immer noch über Mr Whitman.
»Das sieht man doch schon an dem bekloppten Siegelring«, sagte Gordon. »So was tragen nur Schwule.«
»Mein Großvater trug auch immer einen Siegelring«, sagte ich, obwohl ich mich eigentlich gar nicht einmischen wollte.
»Dann ist dein Großvater eben auch schwul«, sagte Gordon.
»Du bist ja nur neidisch«, sagte Cynthia.
»Neidisch? Ich? Auf dieses Weichei?«
»Jawohl. Neidisch. Weil Mr Whitman einfach der bestaussehende, männlichste, klügste heterosexuelle Mann ist, den es überhaupt gibt. Und weil du neben ihm einfach nur wie ein mickriger, dummer, kleiner Junge wirkst.«
»Herzlichen Dank für das Kompliment«, sagte Mr Whitman. Er war unbemerkt hinter uns aufgetaucht, einen Stapel Blätter unter seinen Arm geklemmt und wie immer atemberaubend gut aussehend. (Wenn auch ein bisschen wie ein Eichhörnchen.)
Cynthia wurde wenn möglich noch röter als knallrot. Sie tat mir ehrlich leid.
Gordon grinste schadenfroh.
»Und du, mein lieber Gordon, solltest vielleicht mal etwas über Siegelringe und ihre Träger recherchieren«, sagte Mr Whitman. »Bis nächste Woche hätte ich gern einen kleinen Aufsatz von dir zu diesem Thema.«
Jetzt wurde Gordon auch rot. Aber im Gegensatz zu Cynthia konnte er immer noch sprechen. »Für Englisch oder für Geschichte?«, quietschte er.
»Ich würde es begrüßen, wenn du die historischen Aspekte in den Vordergrund stellen würdest, aber ich lasse dir da völlig freie Hand. Sagen wir, fünf Seiten bis nächsten Montag?« Mr Whitman öffnete die Tür zu unserem Klassenzimmer und lächelte uns strahlend an. »Darf ich bitten?«
»Ich hasse ihn«, murmelte Gordon, während er auf seinen Platz ging.
Leslie klopfte ihm tröstend auf die Schulter. »Ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit.«
»Bitte sag, dass ich gerade nur geträumt habe«, sagte Cynthia.
»Du hast nur geträumt«, sagte ich wunschgemäß. »In Wirklichkeit hat Mr Whitman kein Wort davon gehört, dass du ihn für den sexiest man alive hältst.«
Cynthia ließ sich stöhnend auf ihren Stuhl sinken. »Erdboden, tu dich auf und verschlinge mich!«
Ich setzte mich auf meinen Platz neben Leslie. »Die Arme sieht immer noch aus wie eine Tomate.«
»Ja, ich schätze, eine Tomate wird sie auch bis ans Ende ihrer Schulzeit bleiben. Mann, war das peinlich.«
»Vielleicht gibt Mr Whitman ihr jetzt aber bessere Noten.«
Mr Whitman sah auf Charlottes Platz und machte dabei ein nachdenkliches Gesicht.
»Mr Whitman? Charlotte ist krank«, sagte ich. »Ich weiß nicht, ob meine Tante im Sekretariat angerufen hat ...«
»Sie hat Durchfall«, blökte Cynthia. Offensichtlich war es ihr ein dringendes Bedürfnis, nicht die Einzige zu sein, der etwas peinlich sein musste.
»Charlotte ist entschuldigt«, sagte Mr Whitman. »Sie wird wahrscheinlich einige Tage fehlen. Bis sich alles ... normalisiert hat.« Er drehte sich um und schrieb mit Kreide Das Sonett an die Tafel. »Weiß jemand, wie viele Sonette Shakespeare geschrieben hat?«
»Was hat er mit normalisieren gemeint?«, flüsterte ich Leslie zu.
»Ich hatte jedenfalls nicht den Eindruck, dass er über Charlottes Durchfall gesprochen hat«, flüsterte Leslie zurück.
Ich auch nicht.
»Hast du dir seinen Siegelring mal genauer angeschaut?«, flüsterte Leslie.
»Nein, du denn?«
»Da ist ein Stern drauf. Ein Stern mit zwölf Zacken!« »Na und?«
»Zwölf Zacken - wie bei einer Uhr.«
»Eine Uhr hat doch keine Zacken.«
Leslie verdrehte die Augen. »Klingelt da gar nichts bei dir? Zwölf! Uhr! Zeit! Zeit-Reisen! Ich wette mit dir ... - Gwen?«
»Ach Scheiße!«, sagte ich. Mein Magen fuhr mal wieder Achterbahn.
Leslie starrte mich entsetzt an. »Oh nein!«
Ich war genauso entsetzt. Das Letzte, was ich wollte, war, mich vor den Augen meiner Klassenkameraden in Luft aufzulösen. Also stand ich auf und wankte zur Tür, die Hand auf den Magen gepresst.
»Ich glaube, ich muss mich übergeben«, sagte ich zu Mr Whitman, wartete aber seine Antwort nicht ab, sondern riss die Tür auf und taumelte in den Korridor hinaus.
»Vielleicht sollte jemand hinterhergehen«, hörte ich Mr Whitman sagen. »Leslie, würdest du bitte?«
Leslie kam mir nachgestürzt und schloss die Klassentür mit Nachdruck. »Okay, schnell! In die Toilette, da sieht uns niemand. Gwen? Gwenny?«
Leslies Gesicht verschwamm vor meinen Augen, ihre Stimme hörte sich an, als käme sie aus weiter Ferne. Und dann war sie ganz verschwunden. Ich stand allein in einem Korridor, der mit prächtigen goldbemalten Tapeten versehen war. Unter meinen Füßen erstreckte sich anstelle der strapazierfähigen Travertinplatten wunderschönes Parkett, glänzend poliert, mit kunstvollen Intarsien versehen. Es war offensichtlich Nacht oder wenigstens Abend, aber an den Wänden leuchteten Kerzenhalter mit brennenden Kerzen und von den bemalten Decken herab hingen Kronleuchter, ebenfalls mit brennenden Kerzen bestückt. Alles war in weiches goldenes Licht getaucht.
Mein erster Gedanke war: Super, ich bin nicht hingefallen. Mein zweiter: Wo kann ich mich hier verstecken, bevor mich jemand sieht?
Denn ich war nicht allein in diesem Haus. Von unten ertönte Musik, Geigenmusik. Und Stimmen.
Ziemlich viele Stimmen.
Von meinem vertrauten Schulflur im zweiten Stockwerk der Saint Lennox High School war nicht mehr viel wiederzuerkennen. Ich versuchte, mir die Raumaufteilung in Erinnerung zu rufen. Hinter mir, das war die Tür zu meinem Klassenzimmer, gegenüber gab Mrs Counter gerade Erdkundeunterricht in der sechsten Klasse. Daneben war ein Materialraum. Wenn ich mich dort versteckte, würde mich bei meiner Rückkehr wenigstens niemand sehen.
Andererseits war der Materialraum meistens abgeschlossen und es war vielleicht doch keine gute Idee, mich dort zu verstecken. Wenn ich in einen verschlossenen Raum zurücksprang, musste ich mir eine wirklich plausible Erklärung dafür einfallen lassen, wie zur Hölle ich da hatte hinkommen können.
Wenn ich aber in einen der anderen Räume ging, würde ich mich beim Zeitsprung zurück vor jeder Menge Schülern und einem Lehrer aus dem Nichts materialisieren. Dafür eine Erklärung zu finden, dürfte sich wohl noch schwieriger gestalten.
Vielleicht sollte ich einfach in diesem Flur bleiben und hoffen, dass es nicht so lange dauern würde. Bei meinen beiden ersten Zeitsprüngen war ich ja auch immer nur ein paar Minuten weg gewesen.
Ich lehnte mich gegen die Brokattapete und wartete sehnsüchtig auf das Schwindelgefühl. Von unten drangen Stimmengewirr und Gelächter nach oben, ich hörte Gläser klirren, dann spielten wieder die Geigen. Es klang, als hätten da unten jede Menge Leute jede Menge Spaß. Vielleicht war James ja auch dabei. Schließlich hatte er mal hier gewohnt. Ich stellte mir vor, dass er - höchst lebendig - irgendwo da unten war und zu der Geigenmusik tanzte.
Schade, dass ich ihn nicht treffen konnte. Aber er wäre wohl kaum erfreut gewesen, wenn ich ihm gesagt hätte, woher wir uns kannten. Ich meine, irgendwann mal kennen würden, lange nachdem er gestorben war, ähm, gestorben sein würde.
Wenn ich wüsste, woran er gestorben wäre, könnte ich ihn vielleicht warnen. Hey James, am 15. Juli wird dir in der Park Lane ein Ziegelstein auf den Kopf fallen, also bleib an dem Tag besser zu Hause. Dummerweise wusste James aber nicht, woran er gestorben war. Er wusste ja noch nicht mal, dass er überhaupt gestorben war. Ähm, sterben würde. Gestorben sein würde.
Je länger man über dieses Zeitreisezeugs nachdachte, desto komplizierter erschien es einem.
Auf der Treppe hörte ich Schritte. Jemand kam hinaufgelaufen. Nein, das waren zwei Jemande. Mist! Konnte man denn nicht mal ein paar Minuten ganz friedlich irgendwo herumstehen? Wohin jetzt? Ich entschied mich für den Raum gegenüber, in meiner Zeit der Klassenraum der Sechsten. Der Griff der Tür klemmte, es dauerte ein paar Sekunden, bis ich begriff, dass man die Klinke nach oben drücken musste, nicht nach unten.
Als ich endlich in den Raum schlüpfen konnte, waren die Schritte schon ganz nah. Auch hier drinnen brannten Kerzen in Leuchtern an der Wand. Wie leichtsinnig, sie unbeaufsichtigt brennen zu lassen! Ich bekam zu Hause schon Ärger, wenn ich abends mal vergaß, ein Teelicht im Nähzimmer auszupusten.
Ich sah mich nach einem Versteck um, aber der Raum war nur kläglich möbliert. Es gab eine Art Sofa auf krummen vergoldeten Beinen, einen Schreibtisch, gepolsterte Stühle, nichts, wohinter man sich verstecken konnte, wenn man größer war als eine Maus. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich hinter einen der bodenlangen goldfarbenen Vorhänge zu stellen - kein besonders originelles Versteck. Aber noch suchte ja auch niemand nach mir.
Draußen im Korridor hörte ich jetzt Stimmen.
»Wo willst du hin?«, sagte eine Männerstimme. Sie klang ziemlich wütend.
»Egal! Nur weg von dir«, antwortete eine andere Stimme. Es war die Stimme eines Mädchens, eines heulenden Mädchens, um genau zu sein. Zu meinem Schrecken kam sie genau in dieses Zimmer gelaufen. Und der Mann hinterher. Ich konnte ihre flackernden Schatten durch den Vorhang sehen.
Ach, das war ja klar gewesen! Von all den Räumen hier oben mussten sie sich ausgerechnet meinen aussuchen.
»Lass mich in Ruhe«, sagte die Mädchenstimme.
»Ich kann dich nicht in Ruhe lassen«, sagte der Mann. »Immer wenn ich dich allein lasse, machst du irgendwas Unüberlegtes.«
»Geh weg!«, wiederholte das Mädchen.
»Nein, das werde ich nicht tun. Hör zu, es tut mir leid, dass das passiert ist. Ich hätte es nicht zulassen dürfen.«
»Hast du aber! Weil du nur Augen für sie hattest.« Der Mann lachte leise. »Du bist ja eifersüchtig.« »Das hättest du wohl gerne!«
Na toll! Ein streitendes Liebespärchen! Das konnte dauern. Ich würde hinter diesem Vorhang versauern, bis ich zurückspränge und unverhofft in Mrs Counters Unterricht vor der Fensterbank stünde. Vielleicht könnte ich Mrs Counter erzählen, ich hätte bei einem physikalischen Experiment mitgemacht. Oder ich wäre die ganze Zeit da gewesen und sie hätte mich nur nicht bemerkt.
»Der Graf wird sich fragen, wo wir abgeblieben sind«, sagte die Männerstimme.
»Soll er doch seinen transsilvanischen Seelenbruder auf die Suche schicken, dein Graf. In Wahrheit ist er noch nicht einmal ein Graf. Sein Titel ist genauso falsch wie die rosigen Wangen dieser ... wie hieß sie noch gleich?« Das Mädchen schnaubte beim Sprechen zornig durch die Nase.
Irgendwoher kam mir das bekannt vor. Sehr bekannt. Ganz vorsichtig spähte ich hinter dem Vorhang hervor. Die beiden standen direkt vor der Tür und zeigten mir ihr Profil. Das Mädchen war wirklich ein Mädchen und es trug ein fantastisches Kleid aus nachtblauer Seide und besticktem Brokat, mit einem Rock, so weit, dass man damit wohl nur schwer durch eine normale Tür gehen konnte. Sie hatte schneeweiße Haare, die zu einem seltsamen Berg auf ihrem Kopf getürmt waren und von dort in Locken wieder zurück auf die Schultern fielen. Das konnte nur eine Perücke sein. Auch der Mann hatte weiße Haare, die im Nacken mit einem Band zusammengehalten wurden. Trotz der Senioren-Haarfarbe sahen beide sehr jung aus, außerdem sehr hübsch, vor allem der Mann. Eigentlich war er mehr ein Junge, vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt. Und er sah atemberaubend gut aus. Perfektes männliches Profil, würde ich sagen. Ich konnte mich kaum satt daran sehen. Ich lehnte mich viel weiter aus meinem Versteck, als ich eigentlich wollte.
»Ich habe ihren Namen schon wieder vergessen«, sagte der Junge immer noch lachend.
»Lügner!«
»Der Graf kann nichts für Rakoczys Verhalten«, sagte der Junge, nun wieder ganz ernst. »Er wird ihn mit Sicherheit dafür bestrafen. Du musst den Grafen nicht mögen, du musst ihn nur respektieren.«
Wieder schnaubte das Mädchen verächtlich durch die Nase und wieder hatte ich das Gefühl seltsamer Vertrautheit. »Ich muss gar nichts«, sagte sie und drehte sich abrupt zum Fenster. Das heißt, sie drehte sich zu mir. Ich wollte hinter den Vorhang abtauchen, aber ich erstarrte mitten in der Bewegung.
Das war nicht möglich!
Das Mädchen hatte mein Gesicht. Ich schaute in meine eigenen erschrockenen Augen!
Das Mädchen schien genauso verblüfft wie ich, aber sie erholte sich schneller von ihrem Schreck. Sie machte eine eindeutige Handbewegung.
Versteck dich! Verschwinde!
Ich schob meinen Kopf schwer atmend wieder hinter den Vorhang. Wer war das? So viel Ähnlichkeit konnte es doch gar nicht geben. Ich musste einfach noch einmal hinschauen.
»Was war das?«, hörte ich die Stimme des Jungen. »Nichts!«, sagte das Mädchen. War das etwa auch meine Stimme?
»Am Fenster.«
»Da ist nichts!«
»Es könnte jemand hinter dem Vorhang stehen und uns belau...« Der Satz endete in einem überraschten Laut. Plötzlich herrschte Schweigen. Was war denn jetzt wieder passiert?
Ohne nachzudenken, schob ich den Vorhang zur Seite. Das Mädchen, das aussah wie ich, hatte ihre Lippen auf den Mund des Jungen gepresst. Zuerst ließ er sich das ganz passiv gefallen, dann legte er seine Arme um ihre Taille und zog sie enger an sich heran. Das Mädchen schloss die Augen.
In meinem Magen tanzten auf einmal Schmetterlinge. Es war seltsam, sich selber beim Küssen zuzuschauen. Ich fand, dass ich das ziemlich gut machte. Mir war klar, dass das Mädchen den Jungen nur küsste, um ihn von mir abzulenken. Das war nett von ihr, aber warum tat sie das? Und wie sollte ich unbemerkt an ihnen vorbeikommen?
Die Schmetterlinge in meinem Magen wurden zu flatternden Vögeln und das Bild des sich küssenden Paares vor meinen Augen verschwamm. Und dann stand ich auf einmal im Klassenzimmer der Sechsten und war mit den Nerven völlig am Ende.
Alles blieb still.
Ich hatte wegen meines plötzlichen Auftauchens mit einem Aufschrei aus vielerlei Schülerkehlen gerechnet und damit, dass möglicherweise jemand - Mrs Counter? - vor Schreck in Ohnmacht fallen würde.
Aber das Klassenzimmer war leer. Ich stöhnte vor Erleichterung. Wenigstens hatte ich dieses eine Mal Glück gehabt. Ich ließ mich auf einen Stuhl sinken und legte meinen Kopf auf das Pult. Was geschehen war, überschritt für den Moment mein Fassungsvermögen. Das Mädchen, der hübsche junge Mann, der Kuss ...
Das Mädchen hatte nicht nur so ausgesehen wie ich.
Das Mädchen war ich.
Es war kein Irrtum möglich. Ich hatte mich selber unzweifelhaft an dem halbmondförmigen Muttermal an der Schläfe erkannt, das Tante Glenda immer meine »komische Banane« nannte.
So viel Ähnlichkeit konnte es gar nicht geben.
...
»Du siehst echt fertig aus«, sagte Leslie in der Pause auf dem Schulhof.
»Ich fühle mich auch mies.«
Leslie tätschelte meinen Arm. »Aber diese Ringe unter den Augen stehen dir gut«, versuchte sie mich aufzumuntern. »Deine Augen wirken dadurch noch viel blauer.«
Ich musste grinsen. Leslie war so süß. Wir saßen auf der Baumbank unter der Kastanie und wir konnten nur flüstern, denn hinter uns saß Cynthia Dale mit einer Freundin und gleich daneben diskutierte Gordon Gelderman mit zwei anderen Jungen aus unserer Klasse über Fußball. Ich wollte nicht, dass sie etwas von unserem Gespräch mitbekamen. Sie fanden mich sowieso schon seltsam genug.
»Ach, Gwen! Du hättest mit deiner Mutter reden sollen.«
»Das hast du jetzt mindestens schon fünfzig Mal gesagt.«
»Ja, weil es stimmt. Ich verstehe wirklich nicht, warum du es nicht getan hast!«
»Weil ich ... Ach, ehrlich gesagt verstehe ich es selber
nicht. Irgendwie habe ich wohl immer noch gehofft, es würde nicht noch einmal passieren.«
Leslie schüttelte den Kopf. »Hey, wir reden hier davon, dass du in der Zeit gereist bist. Allein dieses Abenteuer in der Nacht - was da alles hätte passieren können! Nimm nur die Prophezeiung deiner Großtante: Das hat doch nichts anderes zu bedeuten, als dass du in großer Gefahr bist - die Uhr steht für die Zeitreisen, der hohe Turm für die Gefahr und der Vogel ... ach, du hättest sie nicht aufwecken dürfen! Wahrscheinlich wäre es danach erst richtig spannend geworden. Ich werde das heute Nachmittag mal alles gründlich recherchieren. Ich habe da so eine Seite für übersinnliche Phänomene entdeckt, die ist sehr informativ. Und dann habe ich uns jede Menge Bücher über Zeitreisen besorgt. Und Filme. Zurück in die Zukunft Teil eins bis drei. Vielleicht können wir ja was daraus lernen ... «
Ich dachte sehnsüchtig daran, wie lustig es immer war, bei Leslie auf dem Sofa herumzulümmeln und DVDs anzuschauen. Manchmal drehten wir den Ton ab und synchronisierten den Film selber - mit eigenen Texten.
»Ist dir schwindelig?«
Ich schüttelte den Kopf. Jetzt wusste ich, wie die arme Charlotte sich die letzten Wochen gefühlt hatte. Diese Fragerei konnte einem wirklich auf den Nerv gehen. Zumal ich die ganze Zeit selber in mich hineinhorchte und auf das Schwindelgefühl wartete.
»Wenn man nur wüsste, wann es wieder passiert«, sagte Leslie. »Ich finde das wirklich sehr ungerecht: Charlotte hat man die ganze Zeit darauf vorbereitet, aber du musst ins kalte Wasser springen.«
»Keine Ahnung, was Charlotte gemacht hätte, wenn sie an meiner Stelle gestern Nacht von diesem Mann verfolgt worden wäre, der in unserem Einbauschrank geschlafen hat«, sagte ich. »Ich glaube nicht, dass ihre Tanz- und Fechtstunden ihr in dieser Situation geholfen hätten. Und da war auch weit und breit kein Pferd, auf dem sie hätte davonpreschen können.«
Ich kicherte, weil ich mir Charlotte vorstellte, wie sie an meiner Stelle vor dem wilden Walter aus dem Schrank durch das Haus geflohen wäre. Vielleicht hätte sie sich einen Degen von der Wand im Salon gegriffen und damit ein Gemetzel unter den armen Dienstleuten angerichtet.
»Nein, du Dummerchen. Aber ihr wäre das ja gar nicht erst passiert, weil sie rechtzeitig mit diesem Chronodingens woandershin gereist wäre. Irgendwohin, wo es friedlich und nett ist. Wo ihr nichts passieren kann! Aber du riskierst ja lieber dein Leben, als deiner Familie zu erzählen, dass sie die falsche Person unterrichtet haben.«
»Vielleicht ist Charlotte ja in der Zwischenzeit auch in der Zeit gesprungen. Dann haben sie doch, was sie wollen.«
Leslie seufzte und begann den Blätterstapel auf ihrem Schoß zu wälzen. Sie hatte eine Art Akte für mich angelegt mit lauter nützlichen Informationen. Oder auch weniger nützlichen. So hatte sie zum Beispiel Fotos von Oldtimern ausgedruckt und das Baujahr danebengeschrieben. Demnach war der Oldtimer, den ich bei meiner ersten Zeitreise gesehen hatte, aus dem Jahr 1906.
»Jack The Ripper hat im East End sein Unwesen getrieben. Das war 1888. Dummerweise hat man nie herausgefunden, wer es war. Man hatte alle möglichen Typen im Verdacht, aber man konnte es keinem nachweisen. Also, falls du dich mal ins East End verirren solltest: 1888 ist jeder Mann potenziell gefährlich. Der große Brand von London war 1666, Pest gab es quasi die ganze Zeit, 1348, 1528 und 1664 war es aber besonders schlimm. Dann: die Bombardements im Zweiten Weltkrieg. 1940 fing's an, ganz London lag in Trümmern. Du musst herausfinden, ob euer Haus unbeschädigt geblieben ist, wenn ja, bist du dort ja sicher. Ansonsten wäre St. Paul's Cathedral ein guter Ort, weil die wurde zwar mal getroffen, blieb aber wie durch ein Wunder stehen. Vielleicht könnte man sich dort einfach unterstellen.«
»Klingt alles furchtbar gefährlich«, sagte ich.
»Ja, ich hab's mir auch immer irgendwie romantischer vorgestellt. Weißt du, ich dachte, Charlotte erlebt da sozusagen ihre eigenen Historienfilme. Tanzt mit Mr Darcy auf einem Ball. Verliebt sich in einen sexy Highländer. Sagt Anne Boleyn, dass sie Heinrich VIII. auf keinen Fall heiraten soll. So was halt.«
»War Anne Boleyn die, die sie geköpft haben?«
Leslie nickte. »Es gibt da einen tollen Film mit Natalie Portman. Ich könnte uns die DVD ausleihen ... Gwen, bitte versprich mir, dass du heute mit deiner Mutter redest.«
»Ich verspreche es. Gleich heute Abend.«
»Wo ist eigentlich Charlotte?« Cynthia Dale steckte ihren Kopf hinter dem Baumstamm hervor. »Ich wollte den Shakespeare-Aufsatz von ihr abschreiben. Ähm, ich meine, ich wollte mir ein paar Anregungen holen.«
»Charlotte ist krank«, sagte ich.
»Was hat sie denn?«
»Äh ...«
»Durchfall«, sagte Leslie. »Ganz fiesen Durchfall. Sitzt die ganze Zeit auf dem Klo.«
»Igitt, keine Einzelheiten bitte«, sagte Cynthia. »Kann ich dann mal eure Aufsätze sehen?«
»Wir haben die auch noch nicht fertig«, sagte Leslie. »Wir wollen uns noch Shakespeare in Love anschauen.«
»Du kannst meinen Aufsatz lesen«, mischte sich Gordon Gelderman in tiefstem Bass ein. Sein Kopf erschien auf der anderen Seite des Baumstammes. »Alles bei Wikipedia abgepinselt.«
»Da kann ich ja auch gleich zu Wikipedia gehen«, sagte Cynthia.
Die Pausenglocke ertönte.
»Doppelstunde Englisch«, stöhnte Gordon. »Eine Strafe für jeden Mann. Aber Cynthia sabbert jetzt schon, wenn sie an Prince Charming denkt.«
»Halt den Mund, Gordon.«
Aber Gordon hielt bekanntlich niemals seinen Mund. »Ich weiß gar nicht, warum ihr Mr Whitman alle so toll findet. Der ist doch stockschwul.«
»Unsinn!«, sagte Cynthia und stand empört auf.
»Und ob der schwul ist.« Gordon folgte ihr zum Eingang. Er würde bis in den zweiten Stock auf Cynthia einreden, das konnte er, ohne auch nur einmal Luft holen zu müssen.
Leslie verdrehte die Augen. »Komm!«, sagte sie und reichte mir ihre Hand, um mich von der Bank hochzuziehen. »Auf zu Prince Charming.«
Auf der Treppe im zweiten Stock holten wir Cynthia und Gordon wieder ein. Sie sprachen immer noch über Mr Whitman.
»Das sieht man doch schon an dem bekloppten Siegelring«, sagte Gordon. »So was tragen nur Schwule.«
»Mein Großvater trug auch immer einen Siegelring«, sagte ich, obwohl ich mich eigentlich gar nicht einmischen wollte.
»Dann ist dein Großvater eben auch schwul«, sagte Gordon.
»Du bist ja nur neidisch«, sagte Cynthia.
»Neidisch? Ich? Auf dieses Weichei?«
»Jawohl. Neidisch. Weil Mr Whitman einfach der bestaussehende, männlichste, klügste heterosexuelle Mann ist, den es überhaupt gibt. Und weil du neben ihm einfach nur wie ein mickriger, dummer, kleiner Junge wirkst.«
»Herzlichen Dank für das Kompliment«, sagte Mr Whitman. Er war unbemerkt hinter uns aufgetaucht, einen Stapel Blätter unter seinen Arm geklemmt und wie immer atemberaubend gut aussehend. (Wenn auch ein bisschen wie ein Eichhörnchen.)
Cynthia wurde wenn möglich noch röter als knallrot. Sie tat mir ehrlich leid.
Gordon grinste schadenfroh.
»Und du, mein lieber Gordon, solltest vielleicht mal etwas über Siegelringe und ihre Träger recherchieren«, sagte Mr Whitman. »Bis nächste Woche hätte ich gern einen kleinen Aufsatz von dir zu diesem Thema.«
Jetzt wurde Gordon auch rot. Aber im Gegensatz zu Cynthia konnte er immer noch sprechen. »Für Englisch oder für Geschichte?«, quietschte er.
»Ich würde es begrüßen, wenn du die historischen Aspekte in den Vordergrund stellen würdest, aber ich lasse dir da völlig freie Hand. Sagen wir, fünf Seiten bis nächsten Montag?« Mr Whitman öffnete die Tür zu unserem Klassenzimmer und lächelte uns strahlend an. »Darf ich bitten?«
»Ich hasse ihn«, murmelte Gordon, während er auf seinen Platz ging.
Leslie klopfte ihm tröstend auf die Schulter. »Ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit.«
»Bitte sag, dass ich gerade nur geträumt habe«, sagte Cynthia.
»Du hast nur geträumt«, sagte ich wunschgemäß. »In Wirklichkeit hat Mr Whitman kein Wort davon gehört, dass du ihn für den sexiest man alive hältst.«
Cynthia ließ sich stöhnend auf ihren Stuhl sinken. »Erdboden, tu dich auf und verschlinge mich!«
Ich setzte mich auf meinen Platz neben Leslie. »Die Arme sieht immer noch aus wie eine Tomate.«
»Ja, ich schätze, eine Tomate wird sie auch bis ans Ende ihrer Schulzeit bleiben. Mann, war das peinlich.«
»Vielleicht gibt Mr Whitman ihr jetzt aber bessere Noten.«
Mr Whitman sah auf Charlottes Platz und machte dabei ein nachdenkliches Gesicht.
»Mr Whitman? Charlotte ist krank«, sagte ich. »Ich weiß nicht, ob meine Tante im Sekretariat angerufen hat ...«
»Sie hat Durchfall«, blökte Cynthia. Offensichtlich war es ihr ein dringendes Bedürfnis, nicht die Einzige zu sein, der etwas peinlich sein musste.
»Charlotte ist entschuldigt«, sagte Mr Whitman. »Sie wird wahrscheinlich einige Tage fehlen. Bis sich alles ... normalisiert hat.« Er drehte sich um und schrieb mit Kreide Das Sonett an die Tafel. »Weiß jemand, wie viele Sonette Shakespeare geschrieben hat?«
»Was hat er mit normalisieren gemeint?«, flüsterte ich Leslie zu.
»Ich hatte jedenfalls nicht den Eindruck, dass er über Charlottes Durchfall gesprochen hat«, flüsterte Leslie zurück.
Ich auch nicht.
»Hast du dir seinen Siegelring mal genauer angeschaut?«, flüsterte Leslie.
»Nein, du denn?«
»Da ist ein Stern drauf. Ein Stern mit zwölf Zacken!« »Na und?«
»Zwölf Zacken - wie bei einer Uhr.«
»Eine Uhr hat doch keine Zacken.«
Leslie verdrehte die Augen. »Klingelt da gar nichts bei dir? Zwölf! Uhr! Zeit! Zeit-Reisen! Ich wette mit dir ... - Gwen?«
»Ach Scheiße!«, sagte ich. Mein Magen fuhr mal wieder Achterbahn.
Leslie starrte mich entsetzt an. »Oh nein!«
Ich war genauso entsetzt. Das Letzte, was ich wollte, war, mich vor den Augen meiner Klassenkameraden in Luft aufzulösen. Also stand ich auf und wankte zur Tür, die Hand auf den Magen gepresst.
»Ich glaube, ich muss mich übergeben«, sagte ich zu Mr Whitman, wartete aber seine Antwort nicht ab, sondern riss die Tür auf und taumelte in den Korridor hinaus.
»Vielleicht sollte jemand hinterhergehen«, hörte ich Mr Whitman sagen. »Leslie, würdest du bitte?«
Leslie kam mir nachgestürzt und schloss die Klassentür mit Nachdruck. »Okay, schnell! In die Toilette, da sieht uns niemand. Gwen? Gwenny?«
Leslies Gesicht verschwamm vor meinen Augen, ihre Stimme hörte sich an, als käme sie aus weiter Ferne. Und dann war sie ganz verschwunden. Ich stand allein in einem Korridor, der mit prächtigen goldbemalten Tapeten versehen war. Unter meinen Füßen erstreckte sich anstelle der strapazierfähigen Travertinplatten wunderschönes Parkett, glänzend poliert, mit kunstvollen Intarsien versehen. Es war offensichtlich Nacht oder wenigstens Abend, aber an den Wänden leuchteten Kerzenhalter mit brennenden Kerzen und von den bemalten Decken herab hingen Kronleuchter, ebenfalls mit brennenden Kerzen bestückt. Alles war in weiches goldenes Licht getaucht.
Mein erster Gedanke war: Super, ich bin nicht hingefallen. Mein zweiter: Wo kann ich mich hier verstecken, bevor mich jemand sieht?
Denn ich war nicht allein in diesem Haus. Von unten ertönte Musik, Geigenmusik. Und Stimmen.
Ziemlich viele Stimmen.
Von meinem vertrauten Schulflur im zweiten Stockwerk der Saint Lennox High School war nicht mehr viel wiederzuerkennen. Ich versuchte, mir die Raumaufteilung in Erinnerung zu rufen. Hinter mir, das war die Tür zu meinem Klassenzimmer, gegenüber gab Mrs Counter gerade Erdkundeunterricht in der sechsten Klasse. Daneben war ein Materialraum. Wenn ich mich dort versteckte, würde mich bei meiner Rückkehr wenigstens niemand sehen.
Andererseits war der Materialraum meistens abgeschlossen und es war vielleicht doch keine gute Idee, mich dort zu verstecken. Wenn ich in einen verschlossenen Raum zurücksprang, musste ich mir eine wirklich plausible Erklärung dafür einfallen lassen, wie zur Hölle ich da hatte hinkommen können.
Wenn ich aber in einen der anderen Räume ging, würde ich mich beim Zeitsprung zurück vor jeder Menge Schülern und einem Lehrer aus dem Nichts materialisieren. Dafür eine Erklärung zu finden, dürfte sich wohl noch schwieriger gestalten.
Vielleicht sollte ich einfach in diesem Flur bleiben und hoffen, dass es nicht so lange dauern würde. Bei meinen beiden ersten Zeitsprüngen war ich ja auch immer nur ein paar Minuten weg gewesen.
Ich lehnte mich gegen die Brokattapete und wartete sehnsüchtig auf das Schwindelgefühl. Von unten drangen Stimmengewirr und Gelächter nach oben, ich hörte Gläser klirren, dann spielten wieder die Geigen. Es klang, als hätten da unten jede Menge Leute jede Menge Spaß. Vielleicht war James ja auch dabei. Schließlich hatte er mal hier gewohnt. Ich stellte mir vor, dass er - höchst lebendig - irgendwo da unten war und zu der Geigenmusik tanzte.
Schade, dass ich ihn nicht treffen konnte. Aber er wäre wohl kaum erfreut gewesen, wenn ich ihm gesagt hätte, woher wir uns kannten. Ich meine, irgendwann mal kennen würden, lange nachdem er gestorben war, ähm, gestorben sein würde.
Wenn ich wüsste, woran er gestorben wäre, könnte ich ihn vielleicht warnen. Hey James, am 15. Juli wird dir in der Park Lane ein Ziegelstein auf den Kopf fallen, also bleib an dem Tag besser zu Hause. Dummerweise wusste James aber nicht, woran er gestorben war. Er wusste ja noch nicht mal, dass er überhaupt gestorben war. Ähm, sterben würde. Gestorben sein würde.
Je länger man über dieses Zeitreisezeugs nachdachte, desto komplizierter erschien es einem.
Auf der Treppe hörte ich Schritte. Jemand kam hinaufgelaufen. Nein, das waren zwei Jemande. Mist! Konnte man denn nicht mal ein paar Minuten ganz friedlich irgendwo herumstehen? Wohin jetzt? Ich entschied mich für den Raum gegenüber, in meiner Zeit der Klassenraum der Sechsten. Der Griff der Tür klemmte, es dauerte ein paar Sekunden, bis ich begriff, dass man die Klinke nach oben drücken musste, nicht nach unten.
Als ich endlich in den Raum schlüpfen konnte, waren die Schritte schon ganz nah. Auch hier drinnen brannten Kerzen in Leuchtern an der Wand. Wie leichtsinnig, sie unbeaufsichtigt brennen zu lassen! Ich bekam zu Hause schon Ärger, wenn ich abends mal vergaß, ein Teelicht im Nähzimmer auszupusten.
Ich sah mich nach einem Versteck um, aber der Raum war nur kläglich möbliert. Es gab eine Art Sofa auf krummen vergoldeten Beinen, einen Schreibtisch, gepolsterte Stühle, nichts, wohinter man sich verstecken konnte, wenn man größer war als eine Maus. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich hinter einen der bodenlangen goldfarbenen Vorhänge zu stellen - kein besonders originelles Versteck. Aber noch suchte ja auch niemand nach mir.
Draußen im Korridor hörte ich jetzt Stimmen.
»Wo willst du hin?«, sagte eine Männerstimme. Sie klang ziemlich wütend.
»Egal! Nur weg von dir«, antwortete eine andere Stimme. Es war die Stimme eines Mädchens, eines heulenden Mädchens, um genau zu sein. Zu meinem Schrecken kam sie genau in dieses Zimmer gelaufen. Und der Mann hinterher. Ich konnte ihre flackernden Schatten durch den Vorhang sehen.
Ach, das war ja klar gewesen! Von all den Räumen hier oben mussten sie sich ausgerechnet meinen aussuchen.
»Lass mich in Ruhe«, sagte die Mädchenstimme.
»Ich kann dich nicht in Ruhe lassen«, sagte der Mann. »Immer wenn ich dich allein lasse, machst du irgendwas Unüberlegtes.«
»Geh weg!«, wiederholte das Mädchen.
»Nein, das werde ich nicht tun. Hör zu, es tut mir leid, dass das passiert ist. Ich hätte es nicht zulassen dürfen.«
»Hast du aber! Weil du nur Augen für sie hattest.« Der Mann lachte leise. »Du bist ja eifersüchtig.« »Das hättest du wohl gerne!«
Na toll! Ein streitendes Liebespärchen! Das konnte dauern. Ich würde hinter diesem Vorhang versauern, bis ich zurückspränge und unverhofft in Mrs Counters Unterricht vor der Fensterbank stünde. Vielleicht könnte ich Mrs Counter erzählen, ich hätte bei einem physikalischen Experiment mitgemacht. Oder ich wäre die ganze Zeit da gewesen und sie hätte mich nur nicht bemerkt.
»Der Graf wird sich fragen, wo wir abgeblieben sind«, sagte die Männerstimme.
»Soll er doch seinen transsilvanischen Seelenbruder auf die Suche schicken, dein Graf. In Wahrheit ist er noch nicht einmal ein Graf. Sein Titel ist genauso falsch wie die rosigen Wangen dieser ... wie hieß sie noch gleich?« Das Mädchen schnaubte beim Sprechen zornig durch die Nase.
Irgendwoher kam mir das bekannt vor. Sehr bekannt. Ganz vorsichtig spähte ich hinter dem Vorhang hervor. Die beiden standen direkt vor der Tür und zeigten mir ihr Profil. Das Mädchen war wirklich ein Mädchen und es trug ein fantastisches Kleid aus nachtblauer Seide und besticktem Brokat, mit einem Rock, so weit, dass man damit wohl nur schwer durch eine normale Tür gehen konnte. Sie hatte schneeweiße Haare, die zu einem seltsamen Berg auf ihrem Kopf getürmt waren und von dort in Locken wieder zurück auf die Schultern fielen. Das konnte nur eine Perücke sein. Auch der Mann hatte weiße Haare, die im Nacken mit einem Band zusammengehalten wurden. Trotz der Senioren-Haarfarbe sahen beide sehr jung aus, außerdem sehr hübsch, vor allem der Mann. Eigentlich war er mehr ein Junge, vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt. Und er sah atemberaubend gut aus. Perfektes männliches Profil, würde ich sagen. Ich konnte mich kaum satt daran sehen. Ich lehnte mich viel weiter aus meinem Versteck, als ich eigentlich wollte.
»Ich habe ihren Namen schon wieder vergessen«, sagte der Junge immer noch lachend.
»Lügner!«
»Der Graf kann nichts für Rakoczys Verhalten«, sagte der Junge, nun wieder ganz ernst. »Er wird ihn mit Sicherheit dafür bestrafen. Du musst den Grafen nicht mögen, du musst ihn nur respektieren.«
Wieder schnaubte das Mädchen verächtlich durch die Nase und wieder hatte ich das Gefühl seltsamer Vertrautheit. »Ich muss gar nichts«, sagte sie und drehte sich abrupt zum Fenster. Das heißt, sie drehte sich zu mir. Ich wollte hinter den Vorhang abtauchen, aber ich erstarrte mitten in der Bewegung.
Das war nicht möglich!
Das Mädchen hatte mein Gesicht. Ich schaute in meine eigenen erschrockenen Augen!
Das Mädchen schien genauso verblüfft wie ich, aber sie erholte sich schneller von ihrem Schreck. Sie machte eine eindeutige Handbewegung.
Versteck dich! Verschwinde!
Ich schob meinen Kopf schwer atmend wieder hinter den Vorhang. Wer war das? So viel Ähnlichkeit konnte es doch gar nicht geben. Ich musste einfach noch einmal hinschauen.
»Was war das?«, hörte ich die Stimme des Jungen. »Nichts!«, sagte das Mädchen. War das etwa auch meine Stimme?
»Am Fenster.«
»Da ist nichts!«
»Es könnte jemand hinter dem Vorhang stehen und uns belau...« Der Satz endete in einem überraschten Laut. Plötzlich herrschte Schweigen. Was war denn jetzt wieder passiert?
Ohne nachzudenken, schob ich den Vorhang zur Seite. Das Mädchen, das aussah wie ich, hatte ihre Lippen auf den Mund des Jungen gepresst. Zuerst ließ er sich das ganz passiv gefallen, dann legte er seine Arme um ihre Taille und zog sie enger an sich heran. Das Mädchen schloss die Augen.
In meinem Magen tanzten auf einmal Schmetterlinge. Es war seltsam, sich selber beim Küssen zuzuschauen. Ich fand, dass ich das ziemlich gut machte. Mir war klar, dass das Mädchen den Jungen nur küsste, um ihn von mir abzulenken. Das war nett von ihr, aber warum tat sie das? Und wie sollte ich unbemerkt an ihnen vorbeikommen?
Die Schmetterlinge in meinem Magen wurden zu flatternden Vögeln und das Bild des sich küssenden Paares vor meinen Augen verschwamm. Und dann stand ich auf einmal im Klassenzimmer der Sechsten und war mit den Nerven völlig am Ende.
Alles blieb still.
Ich hatte wegen meines plötzlichen Auftauchens mit einem Aufschrei aus vielerlei Schülerkehlen gerechnet und damit, dass möglicherweise jemand - Mrs Counter? - vor Schreck in Ohnmacht fallen würde.
Aber das Klassenzimmer war leer. Ich stöhnte vor Erleichterung. Wenigstens hatte ich dieses eine Mal Glück gehabt. Ich ließ mich auf einen Stuhl sinken und legte meinen Kopf auf das Pult. Was geschehen war, überschritt für den Moment mein Fassungsvermögen. Das Mädchen, der hübsche junge Mann, der Kuss ...
Das Mädchen hatte nicht nur so ausgesehen wie ich.
Das Mädchen war ich.
Es war kein Irrtum möglich. Ich hatte mich selber unzweifelhaft an dem halbmondförmigen Muttermal an der Schläfe erkannt, das Tante Glenda immer meine »komische Banane« nannte.
So viel Ähnlichkeit konnte es gar nicht geben.
...
... weniger
Autoren-Porträt von Kerstin Gier
Kerstin Gier, geboren 1966, ist seit 1995 als selbstständige Schriftstellerin tätig und hatte schon mit ihren ersten Büchern riesigen Erfolg. Inzwischen hat sie zahlreiche Romane für Erwachsene und Jugendliche geschrieben, die regelmäßig auf den Bestsellerlisten stehen. Die DeLIA-Preisträgerin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Bergisch Gladbach.
Bibliographische Angaben
- Autor: Kerstin Gier
- Altersempfehlung: Ab 12 Jahre
- 2009, 13. Aufl., 352 Seiten, Maße: 21,6 x 15,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: ARENA
- ISBN-10: 3401063340
- ISBN-13: 9783401063348
- Erscheinungsdatum: 16.01.2009
Rezension zu „Rubinrot / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.1 “
In diesem Roman geht es um eine geheimnisumwitterte Familie: Gwendolyn kann seit frühester Kindheit Geister sehen, ihre Großtante Maddy hat äußerst interessante Visionen, und Gwendolyns Cousine Charlotte soll das familieneigene ZeitreiseGen geerbt haben. Da das natürlich nicht ganz ungefährlich ist, gilt es, sich auf die Zeitsprünge gut vorzubereiten, und so erhält Charlotte seit frühester Kindheit Fecht und Tanzunterricht, während Gwendolyn sich mit Mathematik und Latein herumschlagen muss. Als Charlotte das Alter erreicht, in der die Zeitreisen üblicherweise einzusetzen pflegen, wartet die ganze Familie auf die ersten Anzeichen wie Schwindelattacken und Übelkeit. Auch Gwendolyn beobachtet ihre Cousine gespannt und übersieht dabei vollkommen, dass ihr selbst immer mal etwas schummrig wird. Und während aller Augen auf Charlotte gerichtet sind, findet sich plötzlich Gwendolyn gänzlich unvorbereitet in einem anderen Jahrhundert wieder, und dazu völlig unpassend gekleidet! Die Autorin hält von der ersten Seite an das rasante Tempo dieser Reise durch die Zeit aufrecht, so dass einem beim Lesen fast ebenso schwindelig wird, als ob man selbst durch die Jahrhunderte stolpern würde - allerdings aus purem Vergnügen. Denn Gwendolyn muss sich nicht nur mit unbequemen Reifröcken und engen Korsetts herumplagen, sondern auch mit geheimnisvollen Wächtern, unheimlichen Verfolgern, längst verstorbenen Verwandten und - mit Gideon! Auch er ist ein Zeitreisender, der jedoch nicht nur mit großer Begeisterung die knallbunten Kniebundhosen vergangener Zeiten trägt, sondern auch ein Selbstbewusstsein zur Schau stellt, das Gwendolyn den Atem raubt. Und während die beiden ein ums andere Mal in letzter Sekunde ihren Widersachern entkommen, stellt Gwendolyn fest, dass nicht nur der ungewohnte Umgang mit Degen und altmodischen Pulverwaffen ihr Herz erheblich aus dem Takt bringt, sondern dass vor allem Gideon nicht nur unverschämt ist, sondern auch unverschämt gut aussieht - und sie nicht
... mehr
darüber im Unklaren lässt, dass er lieber ihrer Cousine Charlotte als Reisebegleitung gedient hätte... Diese Heldin wider Willen schlägt sich herrlich selbstironisch durch Vergangenheit und Gegenwart, und gerade ihr Wissen um die eigenen Schwächen und ihr oft komisch anmutendes Gespür für Gerechtigkeit machen sie überaus sympathisch und glaubwürdig, wenn sie mit wehenden Röcken und zerzauster Perücke durchs London längst vergangener Zeiten hastet. Eine Geschichte, so herrlich aufregend und turbulent wie die erste Liebe nun mal ist und so phantasievoll und verrückt wie Gwendolyns Hüte, derer sie sich erfolglos zu erwehren versucht. Bitte mehr davon! (Rezension von Gabriele Hoffmann aus dem LibriFachkatalog Harry & Pooh 2009/2010)
... weniger
Kommentare zu "Rubinrot / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.1"
5 von 5 Sternen
5 Sterne 104Schreiben Sie einen Kommentar zu "Rubinrot / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.1".
Kommentar verfassen