Nie wirst du entkommen / Lady-Thriller Bd.5
"Komm zu mir!", lockt die Stimme, die Cynthia seit Wochen verfolgt. Gequält von entsetzlichen Erinnerungen, tut die junge Frau schließlich, wie ihr geheißen, und stürzt sich vom Balkon ihrer Wohnung. Sie ist nur die Erste in einer ganzen Serie von Toten....
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"Komm zu mir!", lockt die Stimme, die Cynthia seit Wochen verfolgt. Gequält von entsetzlichen Erinnerungen, tut die junge Frau schließlich, wie ihr geheißen, und stürzt sich vom Balkon ihrer Wohnung. Sie ist nur die Erste in einer ganzen Serie von Toten. Allen ist eines gemeinsam: Es sind Patientinnen von Tess Ciccotelli. Detective Reagan, der die Ermittlungen leitet, hält die bildschöne Psychiaterin zunächst für eine äußerst gefährliche Frau. Bis er endlich erkennt, dass Tess Opfer einer bösen Intrige zu werden droht, ist es beinahe zu spät ...
»Komm zu mir!«, lockt die Stimme, die Cynthia seit Wochen verfolgt. Gequält von entsetzlichen Erinnerungen, tut die junge Frau schließlich, wie ihr geheißen, und stürzt sich vom Balkon ihrer Wohnung. Sie ist nur die Erste in einer ganzen Serie von Toten. Allen ist eines gemeinsam: Es sind Patientinnen von Tess Ciccotelli. Detective Reagan, der die Ermittlungen leitet, hält die bildschöne Psychiaterin zunächst für eine äußerst gefährliche Frau. Bis er endlich erkennt, dass Tess Opfer einer bösen Intrige zu werden droht, ist es beinahe zu spät ...
Nie wirst du entkommen von Karen Rose
LESEPROBE
Prolog
Chicago
Samstag, 11. März, 23.45 Uhr
»Cynthia.«
Es war bloß ein Flüstern, unendlichleise, aber sie hörte es dennoch.
Nein. Cynthia Adams kniff die Augenzusammen und drückte ihren Hinterkopf ins Kissen, dessen Weichheit ihrenerstarrten Körper zu verspotten schien. Ihre Finger gruben sich in das Lakenund krallten sich so fest in den Stoff, dass es schmerzte. Nicht schonwieder. Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf, unkontrolliert undverzweifelt.
»Geh weg«, flüsterte sie heiser.»Geh weg. Bitte lass mich in Frieden.«
Aber sie wusste, dass sie ins Leeresprach. Wenn sie die Augen öffnete, würde sie nur ins Dunkel ihresSchlafzimmers starren. Hier war niemand. Und dennoch quälte sie das furchtbareFlüstern bereits seit Wochen. Jede Nacht lag sie voller Furcht im Bett undwartete. Wartete auf die Stimme aus ihrem schlimmsten Alptraum. Manchmal hörtesie sie. Manchmal lag sie nur wach, steif wie ein Brett, und wartete. Es warder Wind. Und es waren Schatten. Es war gar nichts.
Aber es war real. Sie wusste es.
»Cynthia? Hilf mir doch!« Die Stimme eines kleinen Mädchens, das mitten in derNacht Trost brauchte. Ein verängstigtes kleines Mädchen. Ein totes kleinesMädchen.
Sie ist tot. Ich weiß, dass sie totist. Jeden Sonntaglegte sie Lilien auf Melanies Grab. Melanie war tot.
Aber sie war trotzdem hier. Undsie will mich zu sich holen.
Blind griff sie nach der Flasche aufihrem Nachttisch und schluckte zwei Tabletten. Geh weg. Bitte geh doch weg.
»Cynthia?« Es war echt. So echt. Bitte,lieber Gott, hilf mir. Ich verliere den Verstand. »Warum hast du das getan?
« Das Flüstern verebbte, kehrte dannjedoch lauter zurück. »Ich muss es wissen. Warum?«
Warum? Sie wusste nicht, warum. Verdammt,sie wusste doch nicht, warum. Sie drehte sich auf die Seite, vergrub ihrGesicht im Kissen und machte sich so klein wie möglich.
Hielt den Atem an. Wartete.
Es war still. Melanie war fort.Cynthia holte vorsichtig Atem und fuhr entsetzt hoch, als der Duft in ihre Nasedrang. Lilien! »Nein.« Hastig fl oh sie aus dem Bett undwich zurück, ohne den Blick von dem Kissen nehmen zu können, unter dem dieSpitze einer einzelnen Lilie zu sehen war.
»Du hättest dort sein müssen,Cynthia.« Das Flüstern war nun scharf, verbittert. »Ichhätte Lilien auf dein Grab legen müssen.«
Cynthia sog bebend die Luft ein. Siezwang sich zu wiederholen, was die Psychiaterin ihr zu sagen geraten hatte.
»Das ist nicht echt. Das ist nichtecht.«
»Es ist echt, Cynthia. Ich bin echt.« Melanie war nicht länger ein Kind, ihre Stimme klang wiedie einer verärgerten Erwachsenen. Cynthia schauderte. Melanie hatte ein Rechtdarauf, wütend zu sein. Ich bin ein Feigling gewesen. »Du bist einmalweggelaufen, Cyn. Du hast dich versteckt. Dieses Malkannst du dich nicht mehr verstecken. Du wirst mich nie wieder im Stich lassen!«
Cynthia wich langsam zurück, bis siean ihre Zimmertür stieß. Sie schloss die Augen, während sie hinter sich nachdem kalten, tröstenden Griff tastete. »Du bist nicht echt. Du bist nicht echt.«
»Du hättest an meiner Stelle seinsollen. Warum hast du mich verlassen? Wieso hast du mich bei ihm gelassen? Wiekonntest du das nur tun? Du hast gesagt, du liebst mich. Aber du hast mich imStich gelassen. Mit ihm. Du hast mich nie geliebt.«Ein Schluchzen brach durch Melanies Stimme, und in Cynthias Augen branntenTränen.
»Das ist nicht wahr. Ich habe dichgeliebt«, flüsterte sie verzweifelt. »So sehr.«
»Du hast mich nie geliebt.« Melanie war wieder das Kind.
Das unschuldige Kind. »Er hat mirwehgetan, Cyn. Und du hast es zugelassen. Du hastzugelassen, dass er mir wehgetan hat immer wieder. Wieso?«
Cynthia riss die Tür auf undtaumelte rückwärts in den Flur, wo eine einzelne Lampe brannte. Sie erstarrte.Noch mehr Lilien. Überall. Sie wandte sich langsam um und starrte fassungslosauf die Blumen. Sie verspotteten sie. Verspotteten ihren Verstand.
»Komm zu mir, Cyn.« Melanies Stimme klang lockend.
»Komm. Es ist gar nicht so schlechthier. Wir können zusammen sein. Du kannst für mich sorgen. Wie du esversprochen hast.«
»Nein.« Sie presste sich die Händeauf die Ohren und rannte zur Tür. »Nein!«
»Du kannst dich nicht verstecken, Cyn. Komm zu mir. Du willst es doch.«Sie klang jetzt so lieb, so süß. Melanie war so süß gewesen. Damals. Nun warsie tot. Und ich bin schuld.
Cynthia riss die Wohnungstür auf.Und unterdrückte einen Schrei. Dann bückte sie sich langsam und hob das Bildauf, das auf der Fußmatte lag. Entsetzt starrte sie auf die leblose Gestalt,die an einem Seil baumelte, und die Erinnerungen an den Tag, an dem sie siegefunden hatte, stürmten in ihr Bewusstsein. Melanie hatte am Seil gebaumelt,sich sachte bewegt
»Du hast mich dazu getrieben«, sagteMelanie, die Stimme nun kalt wie Eis. »Du verdienst dein Leben nicht.«
Die Hände, die das Foto hielten,zitterten heftig. »Das ist wahr«, flüsterte sie.
»Dann komm zu mir, Cyn. Bitte komm.«
Cynthia wich wieder zurück, hineinin die Wohnung, ihre Hand tastete nach dem Telefon. »Ruf Dr. Chick an. Los«,
murmelte sie. Sie wird mir sagen,dass ich nicht wahnsinnig geworden bin. Aber in diesem Moment klingelte dasTelefon, und sie zuckte erschreckt zurück. Starrte auf den Hörer, als sei erein lebendes Wesen. Als könne er im nächsten Moment zischeln und zubeißen. Aberder Apparat klingelte nur.
»Geh ran, Cynthia«, sagte Melanieruhig. »Mach schon.«
Mit bebenden Händen griff Cynthianach dem Telefon. »H-hallo?«
»Cynthia? Hier ist Dr. Ciccotelli.«
Die Erleichterung war so groß, dassCynthia die Knie nachgaben. Diese feste, vertraute, lebendige Stimme. Cynthiaschluchzte auf. »Ich höre sie, Dr. Chick. Melanie. Sie ist hier. Ich höre sie.«
»Natürlich hören Sie sie. Sie ruftSie zu sich. Und genau das ist es, was Sie verdienen. Gehen Sie zu ihr. MachenSie dem ein Ende. Jetzt gleich.«
»Aber « Tränen rannen Cynthia überdie Wangen.
»Aber «
»Tun Sie es, Cynthia. Sie ist tot,und das haben Sie zu verantworten. Gehen Sie zu ihr. Tun Sie, was Sie schon vorJahren hätten tun müssen. Kümmern Sie sich um sie.«
»Komm zu mir«, befahl Melanie, ihreStimme nun wieder die einer Erwachsenen. »Komm.«
Cynthia ließ den Hörer fallen undwich zurück. Ich bin so müde. So furchtbar müde. »Lass mich schlafen«,flüsterte sie. »Ich möchte nur schlafen.«
»Komm zu mir«, sagte Melanie ebensoleise. »Dann lass ich dich schlafen.«
Das hatte Melanie ihr schon so oftversprochen. In so vielen Nächten. Cynthia wandte sich um und blickte zumFenster. Hinter der Scheibe lag das Dunkel der Nacht.
Und was noch? Schlaf. Frieden. Frieden.
Das Wohnzimmer war leer. CynthiaAdams war nicht länger in Reichweite der Kamera. Der Bildschirm des Laptops zeigtedie panische Frau nicht mehr. Sie würde es tun.
Die Spannung stieg. Nach vier Wochenwürde Cynthia Adams es nun endlich tun. Nach vier Wochen intensiver »Pflege«stand sie nun am Rand des Wahnsinns. Nur noch ein kleiner Schubs, und sie würde in den Abgrund stürzen.
Und das hoffentlich buchstäblich.
»Sie ist am Fenster.« Die Frau auf dem Beifahrersitz war bleich. Ihre Stimmezitterte, als sie das Mikrofon behutsam in den Schoß legte. »Ich kann das nichtmehr.«
»Du machst das, solange ich es dirsage.«
Sie zog den Kopf ein. »Sie willspringen. Bitte, ich muss ihr sagen, dass sie das nicht darf.«
Nicht darf? Das Mädchen war so irre wie CynthiaAdams.
»Sag ihr, dass sie kommen soll.« Sie rührte sich nicht. Die Wut kochte augenblicklichhoch. »Sag es ihr, oder dein Bruder stirbt. Du solltest inzwischen wissen, dassich nicht bluffe. Sag ihr, sie soll kommen, du würdest sie brauchen, sieschulde es dir. Sag ihr, dass alles gut wird, wenn ihr zusammen seid. Machschon. Und tu es mit Gefühl.« Aber sie regte sichimmer noch nicht. »Mach schon!«
Endlich nahm sie das Mikrofon. »Cyn«, flüsterte sie. »Ich brauche dich. Ich habe Angst.« Und das war die Wahrheit. Nichts steigerte die Dramatikeffektiver als die Wirklichkeit. »Bitte, komm.« IhreStimme brach. »Dann wird alles wieder gut. Bitte.« Ihr Flüstern wurde flehend.
Der Blick auf Adams Fenster vomFahrersitz aus war großartig. Die Schiebetür glitt langsam zur Seite, undCynthia Adams erschien. Ihr Nachthemd wehte im kalten Märzwind.
Sie würde eine attraktive Leicheabgeben. Ganz Gloria Swanson. Boulevard der Dämmerung ein toller Film.
Heutzutage brachte Hollywood soetwas nicht mehr zustande.
Ja, damit würde sich dieses Ereigniswunderbar feiern lassen: Popcorn und ein alter Film. Nur gäbe es nichts zufeiern, wenn Cynthia Adams nur auf dem Balkon herumstand. Spring schon, dudumme Kuh.
»Sag ihr, dass sie kommen soll. Siesoll springen. Gib alles, Herzchen.«
Sie schluckte bei diesemsarkastischen Kosenamen, gehorchte aber. »Cynthia, nur noch einen Schritt.Einen kleinen Schritt. Ich warte auf dich.«
»Jetzt wie ein Kind. Wie ein kleinesMädchen.«
»Bitte, Cynthia. Ich habe solcheAngst.« Das Mädchen konnte wirklich gut mit der Stimmeumgehen. Es konnte problemlos von einer Erwachsenen zu einem Kind, von dertoten Melanie zu der Psychiaterin Ciccotelliüberwechseln.
»Bitte komm.«Sie holte tief Luft und stieß sie bebend wieder aus. »Ich brauche dich.«
Und dann war es geschafft. DasMädchen stieß einen entsetzten Schrei aus, als Adams fi el. ZweiundzwanzigStockwerke. Sogar im Auto hörten sie den Aufschlag des Körpers. Tja, vielleichtwar sie als Leiche doch nicht mehr so attraktiv. Aber Schönheit lag im Auge desBetrachters, und Adams Anblick, wie sie mit zerschmetterten Gliedern halb aufdem Gehweg lag, war atemberaubend. Das Mädchen auf dem Beifahrersitzschluchzte hysterisch.
»Reiß dich zusammen. Du musst nocheinen Anruf erledigen.«
»O Gott, o Gott!« Sie wandte sichvom Beifahrerfenster ab, als der Wagen an Adams Leiche vorbeifuhr. »Ich kannnicht glauben, dass Gott, mir wird schlecht.«
»Aber nicht in meinem Auto! Nimm dasTelefon. Los!«
Schaudernd griff sie nach demTelefon. »Ich ich kann nicht.«
»O doch. Drück auf die Kurzwahleins. Das ist die Privatnummer von Ciccotelli. Wennsie drangeht, sagst du ihr, dass du eine besorgte Nachbarin von Cynthia Adamsbist. Sie würde auf der Brüstung stehen und springen wollen.«
Sie wählte und wartete. »Es gehtkeiner ran. Sie schläft bestimmt.«
»Dann ruf noch einmal an. Lass esklingeln, bis die Prinzessin drangeht. Und mach den Lautsprecher an. Ich willdas hören.«
Beim dritten Versuch war es so weit.»Hallo?«
Sie hatte tatsächlich geschlafen. AmSamstagabend allein zu Hause. Es war sehr befriedigend zu wissen, dass selbst Ciccotellis Privatleben eine bekannte und kontrollierbareGröße war. Ein Stoß veranlasste das Mädchen, ihren Text aufzusagen. »Dr. Ciccotelli? Dr. Tess Ciccotelli?«
»Ja. Wer ist da?«
»Eine eine Nachbarin von einerIhrer Patientinnen. Cynthia Adams. Da stimmt etwas nicht. Sie steht amBalkongeländer. Sie sagt, sie will springen.« Mitgeschlossenen Augen beendete das Mädchen den Anruf und ließ das Handy in denSchoß fallen. »Mir reichts.«
»Für heute Abend schon.«
»Aber « Sie fuhr herum, den Mundgeöffnet. »Aber Sie haben doch gesagt «
»Dass dein Bruder am Leben bleibt,wenn du mir hilfst. Und ich brauche deine Hilfe noch länger. Übe weiter an Ciccotellis Stimme. Du musst sie in ein paar Tagen nocheinmal spielen. Für heute Abend sind wir fertig. Ein Wort darüber, und deinBruder stirbt.«
Ciccotelliwar im Anmarsch. Mögen die Spiele beginnen.
© Verlag DroemerKnaur
Übersetzung: Kerstin Winter
- Autor: Karen Rose
- 2007, 13. Aufl., 656 Seiten, Maße: 13 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Kerstin Winter
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426635305
- ISBN-13: 9783426635308
- Erscheinungsdatum: 01.09.2007
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