Der Talisman
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LESEPROBE
Erstes Kapitel
Das Alhambra Inn and Gardens
1
Am 15.September 1981 stand ein Junge namens Jack Sawyer da, wo Wasser und Landzusammentreffen, die Hände in den Taschen seiner Jeans, und blickte hinaus aufdie Weite des Atlantiks. Er war zwölf Jahre alt und groß für sein Alter. DerSeewind wehte ihm das braune, ein wenig zu lange Haar aus der klaren Stirn. Erstand da mit den verworrenen und schmerzlichen Gefühlen, mit denen er seit dreiMonaten lebte - seit dem Tag, an dem seine Mutter ihr Haus am Rodeo Drive in LosAngeles geschlossen und in einem Wirbel von Möbeln, Schecks und Maklern eineMietwohnung am Central Park West in New York bezogen hatte. Aus dieser Wohnungwaren sie in den stillen Badeort an der Küste von New Hampshire geflüchtet.Ordnung und Regelmäßigkeit waren aus Jacks Leben verschwunden. Sein Leben kamihm so unstet vor wie das wogende Wasser vor ihm. Seine Mutter trieb ihn durchdie Welt, schleppte ihn von einem Ort zum anderen, aber was trieb seine Mutter?
SeineMutter flüchtete, flüchtete.
Jack drehte sich um und blickte den leeren Strand entlang,zuerst nach links, dann nach rechts. Links lag Arcadia Funworld, einVergnügungspark, in dem vom Memorial Day Ende Mai bis zum Labor Day AnfangSeptember Lärm und Trubel herrschten. Jetzt war er leer und still, ein Herz zwischenzwei Schlägen. Die Achterbahn war ein Gerippe vor diesem monotonen, bedecktenHimmel, die Pfosten und Querträger wie Holzkohlenstriche. Dort drüben arbeiteteSpeedy Parker, sein neuer Freund, aber der Junge konnte jetzt nicht an SpeedyParker denken. Rechts stand das Alhambra Inn and Gardens, und die Gedanken desJungen
führten ihnunerbittlich dorthin. Am Tag ihrer Ankunft hatte Jack einen Augenblick langgeglaubt, er sähe einen Regenbogen über den Giebeln seines verwinkelten Daches.Eine Art Zeichen, die Verheißung besserer Dinge.
»Mach denKofferraum auf und hol die Tüten heraus, Sonnyboy«, hatte seine Mutter ihmzugerufen. »Eine völlig erledigte alte Schauspielerin muss sich jetzt anmeldenund dann nach einem Drink fahnden.«
»Einemelementaren Martini«, hatte Jack gesagt.
»So altbist du gar nicht, hättest du sagen sollen.« Sie stemmte sich mühsam vomWagensitz hoch. »So alt bist du gar nicht.«
Sielächelte ihn an - etwas von der alten, unbekümmerten Lily Cavanaugh Sawyer, überzwei Jahrzehnte hinweg die Königin der B-Movies, kam zum Vorschein. Siestreckte ihren Rücken. »Hier sind wir gut aufgehoben, Jacky«, hatte sie gesagt.»Hier kommt alles wieder in Ordnung. Es ist ein guter Ort.«
Eine Möweglitt über das Dach des Hotels, und für einen Moment hatte Jack das beunruhigendeGefühl, der Wetterhahn hätte sich in die Luft geschwungen.
»Für eineWeile sind wir dem Telefon entkommen, stimmt's?«
»Stimmt«,hatte Jack gesagt. Sie wollte sich vor Onkel Morgan verstecken, sie wollte sichnicht mehr mit dem Geschäftspartner ihres toten Mannes herumschlagen, siewollte mit einem elementaren Martini ins Bett kriechen und die Decke über denKopf ziehen ...
Mom, wasstimmt nicht mit dir?
Es gab zuviel Tod, der Tod hatte die Welt halb verrückt gemacht. Über ihnen schrie dieMöwe.
»Und nunbeweg dich, Junge, beweg dich«, hatte seine Mutter gesagt. »Sehen wir zu, dasswir in dieses fantastische Haus hineinkommen.«
Dann hatteJack gedacht: Wenigstens ist da immer noch Onkel Tommy, der uns hilft, wenn wirzu tief in der Patsche sitzen.
Aber auchOnkel Tommy war tot; die Nachricht steckte lediglich noch am anderen Endezahlloser Telefondrähte.
2
DasAlhambra ragte über dem Wasser, ein großer, viktorianischer Kasten auf riesigenGranitblöcken, die fast nahtlos mit der flachen Landzunge zu verschmelzenschienen - ein vorstehendes Schlüsselbein aus Granit auf dem nur wenige Meilen langenKüstenstreifen von New Hampshire. Von da, wo Jack am Strand stand, waren dielandwärts gelegenen Gärten kaum zu sehen - ein dunkelgrüner Streifen Hecke, daswar alles. Der Messinghahn stand schwarz vor dem Himmel, nach West-Nordwestgerichtet. Eine Plakette in der Halle verkündete, dass hier die Northern MethodistConference im Jahre 1838 die erste ihrer großen Kundgebungen für dieAbschaffung der Sklaverei in Neuengland abgehalten hatte. Daniel Webster hatteeine zündende Rede gehalten. Der Plakette zufolge hatte er gesagt: »Wisset vondiesem Tage an, dass die Sklaverei als amerikanische Institution zu kränkelnbegonnen hat und in all unseren Staaten und Territorien bald sterben muss.«
...
Übersetzung: Christel Wiemken
© Wilhelm Heyne Verlag
Seine Werke erscheinen im Heyne-Verlag. Peter Straub stammte aus Milwaukee, Wisconsin. Bevor er sich für einige Jahre in England niederließ, studierte er an der Columbia University und in Dublin. Bis zu seinem Tod 2022 lebte er mit seiner Frau auf einer Farm in Connecticut. Straub gilt neben Stephen King als einer der bedeutendsten amerikanischen Horror-Schriftsteller. Er hat weltweit eine große Leserschaft und Fangemeinde. Zusammen mit Stephen King schrieb er die Romane "Der Talisman" und "Das schwarze Haus".
- Autoren: Stephen King , Peter Straub
- 2011, 960 Seiten, Maße: 12 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453877608
- ISBN-13: 9783453877603
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