Perry Rhodan Band 94: Die Kaiserin von Therm
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Die Kaiserin von Therm von Perry Rhodan
LESEPROBE
Die Geschichte der Kaiserin von Therm
Vergangenheit I
Die tiotronischeTotalkontrolle des Verkehrsnetzes auf Blosth machteangeblich eine Überlastung der Transportstrahlen unmöglich, aber dieWirklichkeit, mit der Archivverwalter Callazian jedenMorgen konfrontiert wurde, sah anders aus. Cryor-Strahlwar jeden Morgen überbelegt. Seine Ausläufer mündeten in die mächtigenKuppelbauten der Kommunikationszentren, spientäglich eine halbe Million Soberer an die Arbeitsplätzeund saugten sie abends wieder ein. Der zweite Hauptstrahl, Drysor,war für den Privatbereich vorgesehen, doch sein Zustand erschien nicht wenigererbarmungswürdig. Die Wahrscheinlichkeit, über Drysor-Strahlin die Vergnügungsparks zu gelangen, war so gering, dass Callaziansich oft genug gefragt hatte, wer die vielen Millionen Sobererwaren, die den Optimismus aufbrachten, Drysor-Strahlzu benutzen.
Außerdem existierten kleinere Nebenstrahlen.Wer sie benutzte, war jeden Morgen gezwungen, zwei Stunden früher aufzustehen,um das Ziel zu erreichen.
An diesem Morgen war Cryor-Strahlzusammengebrochen - ein kleiner technischer Defekt, hieß es in denPflichtnachrichten; Callazian vermutete indes einenSabotageakt -, was einen unerhörten Ansturm auf die Nebenstrahlen nach sichzog. An den Zugängen kam es zu chaotischen Ereignissen, und später wurdefestgestellt, dass einhundertzwölf Soberer dabei denTod fanden, von der Zahl der Verletzten ganz zu schweigen.
Callazian beobachtete dasGewimmel vor dem Zugang des Nebenstrahls seines Bezirks aus sichererEntfernung. Es erschien ihm unvorstellbar, dass er in wenigen Minuten vondieser blind nach vorn drängenden Menge aufgesogen und mitgeschleppt werdenkönnte.
Er war ein mittelgroßer Geschlechtsloser ohnekörperlichen Vorzug. Seine Bescheidenheit ließ ihn oft schwerfällig erscheinen,aber er besaß einen scharfen und analysierenden Verstand, der ihm gestattete,sich über die Anforderungen seines Berufs hinaus mit zahlreichen anderen Dingenzu beschäftigen. Callazian arbeitete in einer derKommunikationszentralen, Abteilung Geschichte. Dort wurde mit Hilfe der Tiotroniken lückenlos zusammengetragen, was sich auf Blosth und den anderen Welten des soberischenImperiums ereignete.
Die Sammlung war so umfassend, dass schon derGedanke daran in Callazian ein Schwindelgefühlauslöste. Er bezweifelte, dass überhaupt ein Sobererin der Lage war, diesen Datenberg zu überblicken, geschweige denn ihn zubearbeiten.
Der Archivverwalter ertappte sich dabei, dasser stehen blieb. Einige Soberer, die sich bei demAnsturm auf den Nebenstrahl nach vorne drängten, verwünschten ihn, doch diemeisten nahmen ihn gar nicht wahr.
Die tiotronischenWände beidseits der Zugangsschneise plärrten ihre Nachrichten auf die Mengeherab, und über dem Zugang blitzten die Lichter derUnterbewusstseinsinformationen für alle diejenigen, die ihre Pflichtnachrichtenversäumt hatten. Kein denkendes Wesen gelangte uninformiert ihm die Zentrenvon Blosth.
Am Zugang staute sich die Menge sehr schnellzurück. Callazian wandte sich abrupt um und entferntesich von dem Nebenstrahl. Dabei drängte sich ihm die Vision eines StücksTreibholz auf, das stromaufwärts schwamm.
Er verließ die Schneise über eineTreppenplattform zum Wohnbezirk hinauf. Die Gebäude waren still, tiotronisch neutralisiert bis zum Abend.
Auf seinem Weg zurück zu seinem Wohnkesselbegegneten Callazian zwei Informationsunwürdige: einKind und eine blinde alte Frau. Callazian hattesolche Soberer bislang nie beachtet, nun fragte ersich zum ersten Mal, was sie den ganzen Tag über trieben.
Entlang eines Wohnkessels bewegte er sich aufden freien Platz inmitten der Kesselgruppe zu. Vor ihm tauchte ein alterGeschlechtsloser auf. Seine Kleidung bestand aus einem einfachen Umhang undSchnürsandalen. Er hatte den gleichgültigen Gesichtsausdruck einesInformationsunwürdigen, blickte aber dennoch in Richtung der Schneise, schautedanach Callazian an und sagte verhalten: »Dort kommstdu nicht mehr mit «
Der Archivverwalter überwand seine Abneigung.»Vorerst nicht«, gab er zu. »Ich werde es später noch einmal versuchen.«
»DieTiotronik wird alle Strahlen zum üblichen Zeitpunktabschalten.«
Callazian schwieg.
»Vielleicht kann ich dir helfen«, fuhr deralte Soberer gedehnt fort.
Dass ausgerechnet ein Informationsunwürdigerihm Hilfe anbot, war Callazian peinlich. Er gingwortlos weiter.
Der Geschlechtslose folgte ihm. »Du glaubstnicht, dass ich dir helfen kann?«
»So ist es.«
»Ich könnte dich zu einer Bahn führen.«
»Jetzt habe ich genug!«,stieß der Archivverwalter hervor. »Es gibt keine Bahnen.«
»Bist du sicher?«
»Es gibt keine Informationen überfunktionsfähige Bahnen, also können sie auch nicht existieren.«
»Und wenn ich dich hinführe?«
Ich muss verrücktsein, dass ich mir das anhöre!, dachte Callazian. Laut sagte er und hatte dabei Mühe, seinenWiderwillen zu unterdrücken: »Die tiotronischeInformation ist umfassend. Du musst krank sein, wenn du von Dingen sprichst,die nicht zur tiotronischen Ordnung gehören.«
Eine Zeit lang gingen sie schweigendnebeneinanderher, dann hatten sie den Wohnkessel erreicht, in dem Callazian lebte.
»Du wohnst hier?«,erkundigte sich der alte Soberer.
»Ja«, bestätigte der Archivverwalterwiderwillig.
Hoch über ihnen leitete einer der täglichankommenden Frachtraumer das Bremsmanöver ein. DerTriebwerkslärm ließ die Luft dröhnen und schien sogar noch tief in Callazians Leib nachzuschwingen, als schon längst nichtsmehr zu hören war.
»Mein Name ist Kostroy«,sagte der Geschlechtslose unerwartet.
»Das ist eine Uninformation!«,versetzte Callazian ärgerlich.
»Das mag schon sein - aber ich heiße so.«
Sie sahen sich an, und Callazianhatte den Eindruck, dass er den anderen belustigte. Diese Feststellung warunerträglich und steigerte seinen Ärger.
»Ich nehms dirnicht übel, dass du mir nicht glaubst«, meinte Kostroyleichthin. »Du lebst in der tiotronischen Ordnung undignorierst die Din-ge, die sich außerhalb ereignen.«
»Außerhalb der tiotronischenOrdnung herrscht Uninformation. Das bedeutet Willkür und Chaos.«
»Unddort?« Kostroy deutete in Richtung der Schneise.
»Eine technische Störung, die bald behobensein wird.«
»Neben der tiotronischenOrdnung ist eine zweite Welt entstanden«, sagte Kostroyernst. »Die Welt der Uninformation. Je gründlicher die tiotronischeOrdnung wird, desto schneller breitet die Uninformation sich aus.«
»Bist du Philosoph?«
»Ich bin Wahrsager!«
»Ein Wahrsager.« Callazianriss empört die Augen auf. »Die tiotronische Ordnungist überschaubar und wird geplant. Alles geschieht, was zu geschehen hat.«
»Wir haben die Kontrolle über unser tiotronisches Kommunikationssystem längst verloren«, sagteKostroy traurig. »Die Tiotronikenfunktionieren innerhalb des Rahmens, den sie sich selbst geschaffen haben; wirsind nur noch ihre Bediensteten. Die totale Information hat uns versklavt. Wirhaben den Überblick verloren und uns einer unsoberischenInstitution ausgeliefert.«
»Bist du auch ein Revolutionär?«, fragte Callazian bestürzt.
»Von deinem Standpunkt aus - wahrscheinlich.Aber es gibt keine Revolution, die uns retten könnte, denn sie wäre letztlichnur eine Reflexion unserer Zivilisation.«
Einer inneren Eingebung folgend, sagte Callazian spontan: »Führe mich zu der Bahn!«
»Ich wusste, dass du mitkommen würdest«, sagteKostroy gleichmütig. »Als ich dich von der Schneisezurückkommen sah, war ich überzeugt davon. Du stehst im Begriff, das zuverlassen, was du die tiotronische Ordnung nennst.«
»Das ist absurd. Ich bin nur neugierig.«
»Neugierig - worauf? Alles ist bekannt; jederist umfassend informiert. Also bist du neugierig auf die Uninformation.«
Eine Kinderbande verließ den Wohnkessel. Callazian wurde damit einer Antwort enthoben. DieHalbwüchsigen schleppten Diebesgut auf den Platz und zündeten es an. Als siesich zurückzogen, kamen Roboter, löschten das Feuer und transportierten diehalb verkohlten Gegenstände davon. Danach reinigten sie den Platz.
Angewidert und fasziniert zugleich hatte Callazian den Vorgang beobachtet. Prompt fragte er sich,ob solche Dinge jeden Tag geschahen.
»Diese Kinder sind Verzweifelte, die sichgegen die herrschende Ordnung auflehnen«, sagte Kostroyleise.
»Informationsunwürdige und Diebe«, krächzte Callazian.
»Sie sind vergleichsweise harmlos«,widersprach Kostroy. Er blickte den Archivverwalterlauernd an. »Warum nennst du deinen Namen nicht?«
»Einem Informationsunwürdigen?« Nach einigemZögern fügte er jedoch hinzu: »Callazian!«
»Hör mir zu, Callazian!Die angestrebte tiotronische Vollkommenheit istnicht zu erreichen. Unser Volk wird dabei auf der Strecke bleiben. Hast dujemals miterlebt, wenn zwei Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen sichverständigen wollen? Sie sind nahezu hilflos, sie reden in verschiedenenSprachen. Also sind sie dazu übergegangen, alles an die Tiotronikenweiterzugeben, die ihre Informationen koordinieren.«
»Woher weißt du das?«
»Ich war selbst Wissenschaftler, bevor ich dasAlter der Informationsunwürdigen erreichte.« Kostroys trübe Augen bekamen etwas Glanz. »Allerdings binich über meinen derzeitigen Zustand nicht traurig. Die Uninformation gestatteteinen besseren Überblick, ich kann Zusammenhänge wenigstens im Ansatz erkennen.«
»Es ist wichtig, über alles informiert zu sein!«, zitierte Callazian eine Regelder tiotronischen Ordnung.
»Es ist weit wichtiger, zu erkennen, welcheInformationen von Bedeutung sind. Und man muss in der Lage sein, dieseUnterscheidungen selbst treffen zu können.«
Kostroy setzte sich inBewegung, Callazian folgte ihm. Sie überquerten denPlatz und gingen zwischen zwei Wohnkesseln in einen anderen Bezirk hinüber. Zudieser Stunde hätte Callazian schon im Archiv seinmüssen. Außerdem war es Zeit für die zweiten Nachrichten.
»Was in der Bahn geschieht, wird dicherschrecken«, prophezeite Kostroy. »Du wirsterkennen, dass es neben der tiotronischen Ordnungeine andere Wirklichkeit gibt. Das ist nicht nur auf Blosthso, sondern auf allen Welten unseres Sternenreichs. Du wirst die Anzeichen desUntergangs erkennen.«
Callazian sah sein Gegenüberungläubig an. »Vielleicht spielen sich im Bereich der Uninformation schlimmeDinge ab«, bestätigte er widerstrebend. »Von einem Untergang kann aberkeinesfalls die Rede sein.«
Innerhalb des Durchgangs erschienen zwei alteFrauen mit Farbpistolen und schossen Parolen an die Gebäudefronten. Roboterwarteten aber bereits, dass die Informationsunwürdigen wieder verschwanden,danach reinigten sie die Fassaden.
»Hast du das gelesen?«,erkundigte sich Kostroy.
»Wahnsinnsparolen!«
»Wir sind alle mehr oder weniger wahnsinnig.Trotzdem nimmt jeder für sich in Anspruch, normal zu sein. Die Verrückten sindimmer die anderen.«
Blosth war der vierte vonelf Planeten des Seerkosch-Systems und zudem dieHauptwelt des soberischen Sternenreichs in derGalaxis Golgatnur. Die Geschichte der Soberer reichte Millionen Jahre zurück, allerdings war derStart des ersten bemannten Weltraumschiffs zum fünften Plane-tenals Beginn der Zeitrechnung bestimmt worden.
Inzwischen schrieben die Sobererdas Jahr 182.293, und niemand wusste genau zu sagen, wie viele Welten zumeigenen Sternenreich gehörten. Seit der Erfindung der Großrechner, der Tiotroniken, hatte die Zivilisation einen extremenAufschwung erlebt. Innerhalb des Heimatsystems bestand die totaleKommunikation, gesteuert von einem Verbund von Tiotronikenauf allen Planeten, Monden, Raumstationen und Raumschiffen. Die Zentraleinheitstand auf Blosth. ()
© Pabel-Moewig Verlag KG
- 2006, 1. Auflage, 400 Seiten, Maße: 13,2 x 19,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Herausgegeben: William Voltz
- Verlag: Moewig - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
- ISBN-10: 381184072X
- ISBN-13: 9783811840720
- Erscheinungsdatum: 02.05.2006
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