Metternich

Metternich gilt schon immer als der erste Name, an den man beim Thema Reaktion denkt, als ein auf Vergangenes gerichteter Gegner aller Kräfte des Liberalismus und Nationalismus. Autor Wolfram Siemann zeigt den Staatsmann, der über knapp vierzig Jahre das die Geschicke Europa prägte, mit seiner fulminanten Biographie in einem von Grund auf neuen Licht. Dem Leser wird schnell klar: Metternich war in seinem Denken sehr viel moderner, in seinen Diagnosen sehr viel intelligenter und in seinem Schaffen sehr viel fortschrittlicher, als man ihm bisher nachgesagt hat. Während Napoleon Metternich im Jahr 1813 unmissverständlich klar machte, dass ihm die Zahl der bei den Kriegen in Europa gestorbenen Menschen egal war, kamen die mehr als zwanzig Jahre dauernden Auseinandersetzungen für Clemens Fürst von Metternich (1773 - 1859) dem Ende der Zivilisation gleich. Seine Prophezeiung, dass das Streben der Nationalstaaten nach Freiheit zukünftig zu noch blutigeren Katastrophen führen würde, bewahrheitete sich unglücklicherweise ebenfalls. Nur wenn man seine Friedensordnung im Lichte dieser Ereignisse betrachtet, kann man sie tatsächlich verstehen. Davon ist auch seine repressive Vorgehensweise gegen drohende gesellschaftliche Aufstände nicht ausgenommen. Wolfram Siemann hat eine Vielzahl neuer Quellen ausgewertet und erweckt diesen schillernden, vielschichtigen Mann für die Leser zum Leben: Metternich war ein traditionsbewusster Reichsgraf und frühindustrieller Unternehmer, ein Fan der englischen Verfassung, glückloser Reformer in einem zerbrechlichen Vielvölkerstaat und Frauenverehrer. „Metternich" kann als ein Meilenstein angesehen werden, weil die Biographie uns Metternich und das Europa des 19. Jahrhunderts aus einem bisher völlig neuen Blickwinkel präsentiert.

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