"Das Glück kam immer zu mir"
Rudolf Brazda - Das Überleben eines Homosexuellen im Dritten Reich
Wie Rudolf Brazda den Rosa Winkel überlebte
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Produktinformationen zu „"Das Glück kam immer zu mir" “
Wie Rudolf Brazda den Rosa Winkel überlebte
Klappentext zu „"Das Glück kam immer zu mir" “
Rudolf Brazda, geboren 1913, ist vermutlich der letzte noch lebende Zeitzeuge, der wegen Homosexualität in einem Konzentrationslager inhaftiert war. Seine Lebensgeschichte ist ebenso erschütternd wie erstaunlich. Kurz vor der nationalsozialistischen Machtergreifung erlebte der junge Brazda sein Coming-out als Homosexueller. Für kurze Zeit genießt er seine erste große Liebe, dann schlagen die Nationalsozialisten zu. Nach zwei Verhaftungen wird Brazda 1942 in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Dort überlebt er durch viel Glück und dank seines ungebrochenen Humors und Optimismus. Alexander Zinn verbindet die persönliche Biografie mit der Geschichte der Verfolgung von Homosexuellen während des Nationalsozialismus - eine Geschichte, die 1945 noch nicht zu Ende war und die bis heute viele blinde Flecken hat. Der Paragraf 175 blieb bis 1969 in der durch die Nationalsozialisten verschärften Fassung bestehen, Homosexuelle wurden erst spät als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt.
Lese-Probe zu „"Das Glück kam immer zu mir" “
3.6 Untersuchungsgefängnis LeipzigRudolf wird vom Gefängniswärter in eine Einzelzelle geführt. Mit einem dumpfen Schlag fällt die schwere Stahltür ins Schloss. Noch lange hat Rudolf das klirrende Geräusch des Schlüsselbundes im Ohr, mit dem der Wärter die Tür verschließt. Er hat mit allem gerechnet, insgeheim aber immer noch gehofft, mit seiner Verteidigungsstrategie durchzukommen. Seit Tagen hat er sich auf ein Verhör vorbereitet. Und hat er sich nicht wacker geschlagen? Wie mit Werner besprochen, hat er alles geleugnet. Warum nur wird er nun verhaftet? Was hat die Kripo gegen ihn in der Hand? Rudolf legt sich auf die schmale Pritsche, die seine Zelle fast ganz ausfüllt. An Schlaf ist nicht zu denken. Tausend Fragen schwirren ihm im Kopf herum. Wie wird es jetzt wohl Werner ergehen? Hat man ihn auch schon verhaftet? Was hat Moritz Engelhardt der Polizei erzählt? Kann er etwas verraten haben? Hat man auch Ernst oder Hans befragt? Und was ist mit Reini Winter? Er sitzt schon seit drei Wochen im Gefängnis. Hat er inzwischen etwas ausgeplaudert? Der Kriminalbeamte scheint einiges zu wissen. Doch was genau?Als Rudolf am nächsten Morgen aus seiner Zelle geholt wird, weiß er nicht, ob er überhaupt geschlafen hat. Benebelt und verwirrt wird er in einen kahlen Raum geführt, spärlich möbliert mit einem kleinen Tisch und zwei Stühlen. Dort wartet bereits der Kriminalbeamte, der ihn verhaftet hat. Doch der gestern noch so harte und grantige Feldmann wirkt heute wie ausgewechselt. Er gibt sich verständnisvoll, stellt seine Fragen in einem ruhigen, geradezu sanften Ton:»Denk mal, die Kriminalbeamten waren schon im Amt, als der Paragraph 175 noch nicht angewendet wurde, und später mussten sie uns deshalb ausquetschen. Sie mussten machen, was die Nazis wollten. Sie haben uns ausgefragt, obwohl sie alles wussten, und dann eingesperrt. Ich sitze hier und der Beamte mir gegenüber, ich hatte meine Hand so auf dem Tisch und er hat seine Hand auf meine gelegt und anständig geredet mit
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mir: 'Schade, ich muss meine Pflicht tun, du kannst jetzt erzählen, wenn du schwindelst, das kommt doch raus, also sag die Wahrheit.' Es war seine Pflicht, uns zu vernehmen, und die mussten das Protokoll auch abgeben, damit die wissen, was drin steht. So habe ich das empfunden. Die Beamten waren anständig gewesen, das hatte mit der SS nichts zu tun. Die haben vielleicht die SS auch gehasst. Wenn die ihren Posten aufgegeben hätten, hätten die Nazis gesagt, das ist auch so ein verdammter Sozialist.«63Natürlich hat dieses Vorgehen taktische Gründe. Feldmann will Rudolfs Vertrauen gewinnen und ihn so zu einem Geständnis bewegen. Doch Rudolf lässt sich nicht so einfach um den Finger wickeln. Er bleibt bei seiner Strategie des Leugnens. Auch auf gutes Zureden hin behauptet er gegenüber Feldmann, es sei »nicht wahr, dass ich und der Bilz gleichgeschlechtlich veranlagt sind«.Der Kriminalbeamte versucht es wieder mit Härte. Nach und nach konfrontiert er Rudolf mit den Ergebnissen der Ermittlungen gegen Winter und Eberhardt. Er fragt nach den gemeinsamen Ausflügen nach Leipzig. Rudolf beteuert, man sei nicht dorthin gefahren, »um homosexuelle Bekanntschaften« zu machen. Auch seien immer Mädchen dabei gewesen, so zum Beispiel Elfriede Weißgerber. Ins Schlingern kommt Rudolf schließlich, als Feldmann nach seinem weiblichen Spitznamen fragt. Er gesteht zu, dass er »in Freundeskreisen immer Inge genannt worden« sei. Er habe das »erst als Spaß aufgefasst«. Später hätten sich aber »die Bewohner des Grundstückes in der Weinbergstraße aufgeregt und ich habe mich nicht mehr Inge nennen lassen«. Überhaupt sei immer viel »gealbert worden, wenn Freunde zu Besuch da waren«.Feldmann gelingt es, Rudolf in die Enge zu treiben. Nachdem er ihn mit Engelhardts Aussagen konfrontiert hat, räumt Rudolf schließlich auch ein, dass er »im Scherz [...] wohl auch den Bilz mal mit geküsst« und sich »bei ihm auf Spaziergängen eingehenkelt« habe. Rudolf insistiert jedoch, dass er sich damit nur »ein
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Inhaltsverzeichnis zu „"Das Glück kam immer zu mir" “
InhaltRudolf Brazda: Ein deutsches SchicksalGeleitwort von Klaus Wowereit 11Vorhang auf - für Rudolf Brazda!13Zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung171. Kindheit und Jugend 1913-1933 251.1 Kindheit in Brossen 251.2 Lehrzeit und Pubertät281.3 Weltwirtschaftskrise und politische Radikalisierung 361.4 Rudolfs erste Begegnung mit einem Homosexuellen382. Homosexuelles Leben in Meuselwitz 1933-1937 452.1 Die nationalsozialistische Machtübernahme 452.2 Begegnung mit Werner Bilz 502.3 Rudolfs homosexuelles Coming-out 532.4 Umzug in die Weinbergstraße552.5 Die Ermordung Röhms 572.6 Alltag in Meuselwitz612.7 Freunde und Familie622.8 Hochzeit in Brossen 682.9 Beginn der systematischen Homosexuellenverfolgung im Herbst 1934 702.10 Auswirkungen auf das Leben in Meuselwitz 732.11 Verschärfung des Paragraphen 175 782.12 Razzia in Meerane802.13 Leben im Angesicht der Homosexuellenverfolgung 833. Verfolgung, Verhaftung und erster Prozess 1033.1 Intensivierung der Homosexuellenverfolgung seit Herbst 1936 1033.2 Der Beginn der Homosexuellenverfolgung im Altenburger Land 1073.3 Die Verhaftung von Moritz Engelhardt1123.4 Die Reaktionen von Rudolf und Werner1153.5 Die Verhaftung von Rudolf Brazda1193.6 Untersuchungsgefängnis Leipzig1223.7 Ermittlungen in Altenburg und Meuselwitz 1253.8 Rudolf Brazdas Geständnis1283.9 Rudolf Brazdas Prozess 1303.10 Prozesswelle gegen die Altenburger Homosexuellen 1343.11 Haft in Altenburg1404. Karlsbad 1937-19411534.1 Ein neues Leben im »Weltbad Karlsbad«1534.2 Die große Freiheit: Mit der Fischli-Bühne durchs Sudetenland 1614.3 Heim im Reich? Leben im »Reichsgau Sudetenland« 1725. Verhaftung, Prozess und Gefängnis in Eger 1955.1 Die Verhaftung von Parth, Nawrocki und Mörike 1955.2 Die zweite Verhaftung von Rudolf Brazda2015.3 Prozess in Eger 2075.4 Haft in Eger und Zwickau 2125.5 Schutzhaft in Karlsbad 2176. Konzentrationslager Buchenwald2236.1 Über Zwickau und Weimar auf den Ettersberg2236.2 Ankunft in Buchenwald 2266.3
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Strafkompanie Steinbruch 2326.4 Sexualität und Macht im Konzentrationslager2416.5 Alltag und Karriere im KZ 2496.6 Homosexuelle in Buchenwald: Terror, Mord und Menschenversuche 2616.7 Hoffnung und Befreiung: Das letzte Jahr in Buchenwald 2707. Leben nach der Befreiung2997.1 Neubeginn in Frankreich2997.2 Edi - ein Mann fürs Leben3067.3 Aufbruch zu neuen Ufern3157.4 Das Leben ohne Edi322Hinter den Kulissen 331Literatur337Abkürzungen345Anhang 349Tabelle 1:Verurteilungen nach 175, 175a von 1933 bis 1969 349Tabelle 2:Anklagestatistik der Jahre 1937 und 1938 nach OLG-Bezirken 350Tabelle 3:Anzahl & Todesfälle Homosexueller im KZ Buchenwald 351Liste der Toten 353Dank 355
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Autoren-Porträt von Alexander Zinn
Alexander Zinn, Dr. phil., ist Soziologe und Historiker.
Bibliographische Angaben
- Autor: Alexander Zinn
- 2015, 2. Aufl., 356 Seiten, 31 Schwarz-Weiß-Abbildungen, 31 Abbildungen, Maße: 14,2 x 21,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593505118
- ISBN-13: 9783593505114
- Erscheinungsdatum: 12.08.2015
Pressezitat
»Jahrzehntelang wurde die Homosexuellen-Verfolgung der Nazis verdrängt. Jetzt erinnert der wohl letzte Überlebende, Rudolf Brazda, an die Schwulenhatz - und Sex im KZ.« Der Spiegel, 04.07.2011»Das detailreiche Buch ist eine Überlebensgeschichte gegen das Vergessen.« Frankfurter Rundschau, 06.04.2011»Zeit seines Lebens war Brazda nicht verbittert. 'Er hat sich sein sonniges Gemüt immer bewahrt', sagt Alexander Zinn. Sein Buch [...] soll die Erinnerung an den Buchenwald-Überlebenden lebendig halten.« DIE ZEIT, 23.05.2013»Nicht nur eine seriös recherchierte Lebensbeschreibung, sondern auch ein erschütterndes und berührendes Dokument eines fast 100-jährigen Lebens, in dem sich die Geschichte schwuler Männer und ihrer Verfolgung spiegelt.« QWIEN, 30.05.2011»Packend beschreibt Alexander Zinn das Leben und Leiden des Homosexuellen Rudolf Brazda, der das Konzentrationslager Buchenwald überlebte.« Südkurier, 05.07.2018»Ein sehr bewegendes Buch über einen Menschen, der trotz Schicksalsschlägen das Leben positiv sah.« Stimme - Initiative Minderheiten, 01.10.2011»Zum Glück gibt es ein Buch, das Rudolf Brazdas Lebensgeschichte bewahrt, die zwar von vielerlei Unrecht geprägt wurde, aber doch auch vom gesellschaftlichen Fortschritt in Europa zu mehr Liberalität und Toleranz zeugt. Dem Soziologen Alexander Zinn gelingt es, das Leben dieses Mannes wie einen Roman zu erzählen.« Die Welt, 14.01.2012
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